Medizin

SSRI-Antidepressiva: Studie sieht unterschiedliches Fehlbildungsrisiko

  • Freitag, 10. Juli 2015
Uploaded: 09.11.2013 09:28:29 by mis
dpa

Atlanta – Die Einnahme von Antidepressiva aus der Gruppe der Serotonin-Wiederauf­nahmehemmer (SSRI) in der Schwangerschaft kann zu Fehlbildungen führen. Das Risiko war in der Analyse eines US-Registers im Britischen Ärzteblatt (BMJ 2015; 351: h3190) jedoch für die einzelnen Wirkstoffe unterschiedlich hoch.

Vor etwa zehn Jahren, im Dezember 2005, hat die US-Arzneibehörde (FDA) erstmals auf ein erhöhtes Risiko von Herzfehlern bei Kindern von Frauen hingewiesen, die in der Frühschwangerschaft mit dem SSRI Paroxetin behandelt wurden. Seither wird kontrovers darüber diskutiert, ob die zahlreichen anderen SSRI ebenfalls das Risiko von Fehl­bildungen erhöhen.

Jennita Reefhuis von den US-Centers for Disease Control and Prevention in Atlanta und Mitarbeiter haben hierzu jetzt die Daten der US National Birth Defects Prevention Study (NBDPS) ausgewertet. Die Studie hat seit 1996 mehr als 35.000 Frauen interviewt. Dabei werden jeweils Kinder mit Fehlbildungen und ohne Fehlbildungen gegenübergestellt. Für die aktuelle Studie wurden die Daten von 17.952 Müttern von Kindern mit Geburtsfehlern und 9.857 Müttern von Kindern ohne Geburtsfehler gegenübergestellt.

Die Einnahme von Paroxetin erhöht danach gleich das Risiko von fünf Fehlbildungen. Eine Anenzephalie trat 3,2-fach häufiger (95-Prozent-Konfidenzintervall 1,6-6,2) auf. Für Vorhofseptumdefekte ermittelte Reefhuis eine Odds Ratio von 1,8 (1,1-3,0), Obstruktionen des rechtsventrikulären Ausflusstrakts waren 2,4-fach (1,4-3,9), eine Gastroschisis 2,5-fach (1,2-4,8) und eine Omphalozele 3,5-fach (1,3-8,0) häufiger als bei Frauen die keine SSRI eingenommen hatten. Fluoxetin war ebenfalls mit Obstruk­tionen des rechtsventrikulären Ausflusstrakts (Odds Ratio 2,0; 1,4-3,1) und einer Kraniosynostose (Odds Ratio 1,9; 1,1.3,0) assoziiert.

Trotz der hohen relativen Risiken ist die absolute Gefahr, dass die (versehentliche) Verordnung von Paroxetin in der Frühschwangerschaft zu einer Fehlbildung führt, gering. Die Häufigkeit einer Anenzephalie steigt laut den Berechnungen Reefhuisons von 2 auf 7 pro 10.000 Frauen. Bei den Obstruktionen des rechtsventrikulären Ausflusstrakts steigt die Inzidenz von 10 auf 24 pro 10.000.

Bei einer bekannten Schwangerschaft gibt es jedoch Ausweichmöglichkeiten. Die SSRI Citalopram, Escitalopram und Sertralin waren in der Studie nicht mit einer erhöhten Rate von Fehlbildungen assoziiert. Dies ist laut Reefhuis ein erfreuliches Ergebnis, da Sertralin in den USA besonderes häufig zur Behandlung  von Depressionen in der Schwangerschaft verordnet wird.

rme

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