Staatsanwaltschaft ermittelt in einem Todesfall mit Iberogast

Köln – Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt im Umfeld des Bayer-Konzerns wegen eines Todesfalls nach der mutmaßlichen Einnahme von Iberogast. Das berichten das Handelsblatt und Spiegel. „Der Verdacht: Hätte Bayer früher vor Leberschäden gewarnt, wären womöglich ein Todesfall und etliche Erkrankungen zu verhindern gewesen“, schreibt das Handelsblatt.
Iberogast ist ein nicht rezeptpflichtiges Mittel zu Linderung von Magen-Darm-Beschwerden. „Iberogast nutzt die Kraft von neun medizinisch wirksamen Arzneipflanzen. Gemeinsam lindern sie zahlreiche funktionelle Magen- und Darmbeschwerden natürlich und effektiv“, heißt es auf der Produktseite des Arzneimittels.
Problematisch ist offenbar das in dem Produkt enthaltene Schöllkraut. Schon 2008 hatten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) rund 50 Fallberichte aus Deutschland vorgelegen, bei denen ein Zusammenhang zwischen Leberschäden und Schöllkraut vermutet wurde.
Die Behörde forderte in der Folge Hersteller von Produkten mit mindestens 2,5 Mikrogramm Schöllkraut pro Tagesdosis auf, ihre Beipackzettel um entsprechende Hinweise zu ergänzen. Der Iberogasthersteller, zu jener Zeit noch Steigerwald, legte jedoch Widerspruch ein. Auch als Bayer das Produkt übernahm, lehnte es eine Ergänzung des Beipackzettels für längere Zeit ab. Erst im September 2018 lenkte Bayer ein.
Bayer hat nach eigenen Darstellung aus der Presse erfahren, dass die Staatsanwaltschaft in Bezug auf einen Todesfall aus dem vergangenen Jahr ermittelt, bei dem eine Patientin eine Leberschädigung erlitt und an den Komplikationen einer nachfolgenden Lebertransplantation starb. „Das Ermittlungsverfahren richtet sich ‚gegen unbekannt‘. Einzelheiten des Ermittlungsverfahrens sind Bayer nicht bekannt“, teilte der Konzern dem Deutschen Ärzteblatt auf Nachfrage mit.
Allerdings habe Bayer den erwähnten Fall, der im Zusammenhang mit der Einnahme von Iberogast aufgetreten war, „intensiv und umfassend analysiert“. Die Analyse habe gezeigt, „dass dies höchstwahrscheinlich eine idiosynkratische Reaktion war – eine äußerst seltene, dosisunabhängige Reaktion auf Substanzen, die in der Regel von Menschen sicher toleriert werden“, heißt es in der Bayer-Stellungnahme. Idiosynkratische Reaktionen seien substanzunabhängig und könnten generell nicht ausgeschlossen werden.
Der Konzern betonte, die Wirksamkeit und Sicherheit von Iberogast sei bei mehr als 7.000 erwachsenen Teilnehmern in prospektiven klinischen Studien nachgewiesen und bei der Behandlung von mehr als 82 Millionen Patienten seit der Markteinführung im Jahr 1960 bestätigt worden. „Das Nutzen-Risiko-Profil von Iberogast ist weiterhin positiv“, so der Konzern.
Kritik an der Gesetzeslage an Deutschland äußerte unterdessen Kordula Schulz-Asche (Grüne), Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages. „Das BfArM ist, was Warnungen für Patienten auf Arzneimittelverpackungen und Beipackzetteln angeht, ein zahnloser Tiger“, sagte sie.
Nicht Hersteller müssten die Unbedenklichkeit beweisen, sondern die Arzneimittelbehörde müsse den Zusammenhang zwischen Medikament und Nebenwirkungen zweifelsfrei herstellen, bevor Warnungen aufgenommen werden müssten. „Das ist das Gegenteil von vorbeugendem Patientenschutz“, sagte sie.
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