Politik

Städte wollen keinen komplett kostenfreien Nahverkehr testen

  • Montag, 26. Februar 2018
/dpa
/dpa

Bonn – Ein Test für einen komplett kostenlosen öffentlichen Nahverkehr dürfte vom Tisch sein. „Den komplett kostenlosen Personennahverkehr hat keine der Kommunen vorgeschlagen“, sagte heute der Bonner Oberbürgermeister Ashok Sridharan nach einem Gespräch der fünf Modellstädte zur Luftreinhaltung mit dem Bundesumwelt­ministerium in Bonn. Auf die Frage, ob sich denn nun zumindest in einer der fünf Modellkommunen ein solcher Test abzeichne, antwortete der CDU-Politiker: „Ich denke, dass das eher unrealistisch ist.“ Der Mannheimer Kämmerer Christian Specht (CDU) bezeichnete einen kostenlösen ÖPNV als „Illusion“.

Die EU macht Druck auf Deutschland wegen einer hohen Luftbelastung in vielen Städten mit gesundheitsschädlichem Stickoxid, das vor allem aus Dieselabgasen stammt. Morgen will das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden, ob nach aktueller Rechtslage Fahrverbote für Diesel möglich wären.

Streit um kostenfreie Modellprojekte

Die fünf Modellstädte zeigten sich heute entschlossen, dem Bundesumweltministerium bis Mitte März Vorschläge für eine bessere Luftqualität zu machen. Es gehe vor allem darum, Diesel-Fahrzeughalter zum Umsteigen auf den öffentlichen Nahverkehr zu bewegen, aber nicht darum, den ÖPNV kurzfristig kostenfrei zu machen, sagte die Oberbürgermeisterin von Reutlingen, Barbara Bosch (parteilos). Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte, aus Sicht der Bundesregierung sei ein Test mit kostenlosem Nahverkehr noch nicht vom Tisch. Es sei nicht auszuschließen, dass noch eine Kommune einen entsprechenden Vorschlag einbringen werde.

Der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) sagte, er sei zuversichtlich, dass im Schulterschluss mit Landes- und Bundesregierung kurzfristige Maßnahmen gelingen und Fahrverbote verhindert werden könnten. Beim Diesel sehe er vor allem die Autoindustrie in der Pflicht. Kostenloser Nahverkehr bedeutet nach Kufens Worten letztlich: „Es muss jemand anders bezahlen.“

Sridharan betonte, das Gespräch in Bonn sei sehr konstruktiv gewesen, wenn viele Fragen auch offen geblieben seien. Die Bundesregierung habe zusätzliche Mittel zugesagt. Bei den fünf Modellstädten handelt es sich um Bonn und Essen aus Nordrhein-Westfalen und Mannheim, Reutlingen und Herrenberg aus Baden-Württem­berg. Die Idee mit dem Gratis-Nahverkehr hatte die Bundesregierung jüngst in einem Brief an die EU genannt.

Das Bundesumweltministerium stellte klar, es sei nie geplant gewesen, dass alle fünf Städte einen kostenlosen Nahverkehr testen sollten, sondern nur „ein oder zwei“. Das Thema Gratis-ÖPNV sei nur eines von mehreren. Eine andere Idee sei zum Beispiel eine stärkere Nutzung von E-Bussen. Die EU-Kommission entschied kürzlich, dass Deutsch­land Elektrobusse und Ladestationen in Städten mit 70 Millionen Euro fördern darf.

Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums betonte heute in Berlin, dass die Bundesregierung zwar punktuelle Fahrverbote ermöglichen wolle, aber weiterhin keine „blaue Plakette“ plane, auch keine „blaue Plakette light“. Es gehe vielmehr um „passgenaue, maßgeschneiderte Lösungen“ für „hochbelastete Strecken“.

dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung