Politik

Scheuer nimmt Autoindustrie wegen sauberer Luft in die Pflicht

  • Montag, 19. März 2018
/elcovalana, stock.adobe.com
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Berlin – Der neue Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer will Fahrverbote in deutschen Städten vermeiden und mit der Autoindustrie über Nachbesserungen für weniger Schadstoffe verhandeln. „Ich setze auf die Vernunft der Konzerne und werde sehr schnell Gesprächsrunden organisieren“, sagte der CSU-Politiker der Passauer Neuen Presse. Samthandschuhe gehörten angesichts der Dimension der Probleme nicht in den Instrumentenkasten. Die Kosten für die Umrüstung und die Beseitigung der Manipu­lationen dürften am Ende nicht beim Verbraucher und beim Steuerzahler hängen bleiben, sagte der Minister.

Nach Worten des neuen Kanzleramtschefs Helge Braun (CDU) müssen die Hersteller dafür sorgen, dass auch manipulierte Dieselfahrzeuge die Abgasgrenzwerte einhalten. „Natürlich müssen die betroffenen Autohersteller jene Fahrzeuge mit einer illegalen Abschalteinrichtung so lange nachrüsten, bis sie den gesetzlichen Zulassungs­anforderungen entsprechen“, sagte Braun der Rheinischen Post.

Man schone die Unter­nehmensführungen in der Industrie nicht. Zu möglichen Fahrverboten äußerte sich Braun ablehnend. Als letztes Mittel könnten vor Ort Umfahrungen oder Verkehrs­beschränkungen ausgewiesen werden. „Aber großflächige Innenstadtfahrverbote können wir den Dieselfahrern nicht zumuten.“

Die Bundesregierung will die Luftqualität in den Städten mit einem Bündel von Maßnahmen verbessern – auch auf Druck der EU-Kommission, die wegen anhaltender Grenzwertüberschreitungen etwa bei Stickoxiden mit hohen Strafen droht. In fünf „Modellstädten“ soll dies getestet werden: Bonn, Essen, Herrenberg, Reutlingen und Mannheim.

Die drei Modellstädte in Baden-Württemberg haben ihre Vorschläge zur Senkung der Stickoxidbelastung nun vorgelegt. Weder Herrenberg noch Reutlingen oder Mannheim fordern dabei einen vollkommen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr, wie es ursprünglich vom Bund angedacht worden war. Eine Ausweitung und Verbesserung des ÖPNV-Angebots wird jedoch von allen angepeilt.

Zentraler Punkt der Herrenberger Vorschläge ist eine digitale Verkehrslenkung und -steuerung auf den Hauptverkehrsachsen. Auch der öffentliche Nahverkehr soll ausgebaut werden, etwa durch bessere Taktzeiten im Busverkehr und ein vergünstigtes City-Monatsticket. Reutlingen will Dieselfahrer dazu bringen, ihren Wagen stehen zu lassen. Wer zunächst für ein Jahr freiwillig auf sein Fahrzeug verzichtet, soll ein kostenloses Jahresabo für den Verkehrsverbund Neckar-Alb-Donau bekommen. Mit Blick auf Familien gibt es zudem die Jahresmitgliedschaft bei einem lokalen Carsharinganbieter, auch Taxigutscheine und eine Bahncard 50 sind möglich.

Mannheim habe „ein umfassendes Programm zur Einhaltung der Grenzwerte vorgelegt“, sagte Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD). Konkret nannte er beispielsweise eine zielgerichtete Ausweitung des Jobtickets für den Einzelhandel oder die Absenkung des ÖPNV-Grundpreises. Kurz forderte, „dass der Bund zu seiner Verantwortung steht und die Nachrüstung von Dieseln durch die Autoindustrie durchsetzt“. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte, zum Verhindern von Fahrverboten seien auch Hardware­nachrüstungen auf Kosten der Hersteller nötig. „Das erst wäre das entscheidende Signal der Autoindustrie: Ja, wir haben verstanden“, sagte Theurer.

Ende Februar hatte das Bundesverwaltungsgericht geurteilt, dass kommunale Behörden im Prinzip Diesel-Fahrverbote anordnen dürfen, wenn die Schadstoff­belastung der Stadtluft sich anders nicht wirksam senken lässt und die Verhältnis­mäßigkeit – etwa durch Ausnahmen für Dienstfahrzeuge oder Handwerker – gewährleistet ist.

dpa

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