Starker Anstieg an stationären Fällen wegen cannabisinduzierter psychischer Störungen

Ulm – Der Konsum von Cannabis hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren verändert. Neben der zunehmenden Verfügbarkeit und dem steigenden Konsum von Cannabinoiden unter Jugendlichen, werden vermehrt synthetische Cannabisprodukte sowie Präparate mit erhöhtem THC-Gehalt konsumiert.
Eine Auswertung am Universitätsklinikum Ulm zeigt nun, dass es zwischen den Jahren 2000 und 2018 in Deutschland einen erheblichen Anstieg von stationären Krankenhausbehandlungen aufgrund von cannabisinduzierten psychischen Störungen gab.
Bereits vor zwei Jahren haben Maximilian Gahr und Carlos Schönfeldt-Lecuona in einer Studie für die Patientenzahlen der Ulmer Psychiatrie gezeigt, dass die Zahlen steigen. Dies spiegelt sich nun nach Angaben der Professoren auch in der deutschlandweiten Auswertung wieder.
Für die Untersuchung haben sie Behandlungsdaten von allen in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2018 im Krankenhaus behandelten Fällen hinsichtlich der jährlichen Häufigkeit von cannabisassoziierten psychischen Störungen analysiert.
„In dieser Zeit stieg in Deutschland die relative jahresbezogene Häufigkeit von stationären Fällen, die wegen einer cannabinoidinduzierten psychischen Störung im Krankenhaus behandelt werden mussten, um den Faktor 4,8“, berichtet Gahr.
Es ließ sich auch bei den stationären Fällen, die wegen schweren Störungen wie Cannabinoidabhängigkeit oder cannabinoidinduzierten Psychosen stationär behandelt werden mussten, ein signifikanter Anstieg beobachten. Im Vergleich dazu stiegen Aufenthalte in Kliniken aufgrund von Alkoholabhängigkeit oder Schizophrenie nicht an.
Synthetisches Cannabis und erhöhter THC-Gehalt
Aus Sicht der Wissenschaftler gibt es verschiedene Gründe für den deutlichen Anstieg. Zum einen die zunehmende Verfügbarkeit von Cannabis und zum anderen ein Anstieg der Prävalenz des Cannabinoidkonsums in der Allgemeinbevölkerung. „Wir sehen auch einen zunehmenden Konsum von synthetischem Cannabis und solchen Präparaten, die einen erhöhten THC-Gehalt haben“, sagt Schönfeldt-Lecuona.
Möglich sei auch, dass das in 2017 erlassene Gesetz zur Verordnung von medizinischem Cannabis unter gewissen Indikationen, sowie die langjährigen Legalisierungsdebatten zu einer veränderten Haltung der Bevölkerung in Bezug auf Cannabinoide geführt habe, vermutet der Psychiater. Die Autoren leiten aus ihrer Studie den Bedarf adäquater Maßnahmen zur Prävention cannabisassoziierter psychischer Störungen ab.
Ärzte sehen Risiken für die Gesundheit bei Legalisierung von Cannabis
Die neue Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag festgelegt, die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken einführen. Es geht ihr dabei um Verbraucherschutz, Entstigmatisierung von Konsumenten und bessere Prävention.
Ärzte betrachten die Legalisierung der Droge hingegen kritisch. Der 125. Deutsche Ärztetag warnte Anfang November insbesondere vor den möglichen Risiken für die Gesundheit der Konsumierenden und den Folgen für die medizinische Versorgung. Eine Legalisierung verharmlose zudem die negativen Folgen und Langzeiteffekte des Cannabiskonsums insbesondere für Kinder und Jugendliche.
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