Vermischtes

Sterberisiko unterscheidet sich deutlich nach Einkommen und Bildung

  • Mittwoch, 19. Juni 2024
/Nik_Merkulov, stock.adobe.com
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Berlin – Ein höheres Einkommen geht mit höherer Lebenserwartung einher. Das hat eine Auswertung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ergeben, die in dessen Wochenbericht erschienen ist (DOI: 10.18723/diw_wb:2024-25-1).

Besonders ausgeprägt ist der Zusammenhang demnach bei Männern: Männer mit niedrigen Einkommen hätten ein rund doppelt so hohes Risiko wie Männer mit den höchsten Einkommen, in einem Alter zwischen 55 und 76 Jahren zu sterben (21 bzw. elf Prozent).

Bei Frauen hingegen gebe es kein klares Muster zwischen individuellem Einkommen und Lebenserwartung, berichten die Ökonomen. Hintergrund sei, dass Frauen häufiger und länger ihre Karriere unterbrechen, öfter in Teilzeit arbeiten und im Schnitt weniger verdienen als Männer. Sie sorgten häufiger für Kinder und Angehörige.

Frauen könnten aber häufig auf Ressourcen der Partner zurückgreifen. Betrachteten die Wissenschaftler also das Haushaltseinkommen, zeigte sich auch bei Frauen ein stärkerer Zusammenhang zwischen finanzieller Situation und Lebenserwartung. „Die Sterbewahrscheinlichkeit für Frauen mit den höchsten Haushaltseinkommen ist etwa vier Prozentpunkte geringer als für Frauen mit den geringsten Haushaltseinkommen", heißt es.

Mit steigendem Einkommen haben Frauen wie Männer laut der Erhebung eine bessere psychische wie physische Gesundheit. „Es wird deutlich, dass das Einkommen nur eine Dimension von sozialer Ungleichheit erfasst. Weitere Ungleichheiten bestehen in der Lebenserwartung und der mentalen und physischen Gesundheit“, so Mitautor Peter Haan, der die Abteilung Staat im DIW Berlin leitet und Professor für empirische Wirtschaftsforschung an der FU Berlin ist.

Zu den Gründen heißt es in der Studie, dass Besserverdiener in der Regel Berufe haben, die mit geringerer psychischer und physischer Belastung einhergehen. Sie könnten sich zudem eher einen gesunden Lebensstil leisten und hätten durch bessere Bildung und höheres Einkommen Zugang zu mehr und besserer medizinischer Versorgung.

Die Autoren sprechen sich vor diesem Hintergrund dafür aus, niedrige Rentenansprüche aufzuwerten, da die Lebenserwartung von Menschen mit geringerem Einkommen ebenfalls niedriger ist. „Wenn Menschen mit niedrigen Renten, diese kürzere Zeit beziehen, weil sie systematisch früher sterben, widerspricht dies dem Äquivalenzprinzip der Rentenversicherung“, heißt es in der Arbeit.

„Der Zusammenhang zwischen Einkommen und Lebenserwartung führt dazu, dass Menschen mit niedrigen Einkommen von ihrem Einkommen relativ viel in die Rente einzahlen, aber wenig rausbekommen. Bei den Reichen ist es umgekehrt. Wir haben bei der Rente sozusagen eine Umverteilung von unten nach oben“, wird Mitautor Johannes Geyer im DIW-Wochenbericht zitiert.

Den Autoren zufolge könnte auch eine Reform bei der Kranken- und Pflegeversicherung gesundheitsbezogene Einkommensungleichheit adressieren.

Die Analyse basiert auf Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) für die Jahre 1984 bis 2021. Betrachtet wurden Menschen zwischen 55 und 76 Jahren. Grund dafür sind den Angaben zufolge deutliche Zunahmen der Sterbewahrscheinlichkeit ab diesen Altersgruppen.

kna/ggr

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