Stiftung Kindergesundheit warnt vor hohem Zuckerkonsum

München – Scharfe Kritik an Initiativen der Lebensmittelindustrie, noch mehr Süßigkeiten für Kinder zu verkaufen, übt die Stiftung Kindergesundheit. Allein die deutschen Hersteller von Süßwaren investierten innerhalb eines Jahres mehr als 898 Millionen Euro in ihre mediale Kommunikation. Das seien 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Der größte Teil floss in die Fernsehwerbung, informiert die Stiftung.
Die Industrie bestreite dabei die schädlichen Folgen des überhöhten Zuckerkonsums. „Die Zuckerverbände vertreten wie eh und je unverdrossen die Meinung, dass zwischen Zucker und Übergewicht und Karies kein direkter Zusammenhang besteht und treiben den Zuckerverbrauch durch Werbung weiter in die Höhe“, kritisiert die Stiftung.
Viel Geld für Kindermarketing
Auch das an Kinder gerichtete Marketing im Internet nehme zu: So beinhalteten über 60 Prozent der Lebensmittelwebseiten mindestens ein Element, das sich eindeutig dem Kindermarketing zuordnen lasse. Kinder sind jedes Jahr allein im Internet zwischen 2.700 und 7.800 Marketingmaßnahmen der Lebensmittelindustrie ausgesetzt.
Pro Tag kämen Kinder zwischen acht und 22 Mal mit Online-Werbeaktivitäten von Lebensmittelherstellern in Kontakt. Besonders oft gehe es dabei um Lebensmittel, die sehr süß, salzig oder fetthaltig seien und Übergewicht begünstigten, verweist die Stiftung Kindergesundheit auf Ergebnisse des vom AOK-Bundesverband initiierten „Zuckerreduktionsgipfels“ in Berlin.
„Mit der hohen Zuckerzufuhr in Deutschland haben wir bei Kindern wie Erwachsenen ein Riesenproblem“, erläuterte Berthold Koletzko, Stoffwechselexperte der von Haunerschen Kinderklinik der LMU München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit.
Jeder Deutsche, vom Baby bis zum Greis habe im vergangenen Jahr 32,71 Kilogramm Süßwaren verbraucht, 1,2 Kilogramm mehr als im Vorjahr. Die Menge entspreche etwa 22 Teelöffeln pro Tag. Laut der Weltgesundheitsorganisation sollte die Tagesmenge bei Erwachsenen zwölf, bei Kindern sechs Teelöffel nicht übersteigen.
Besondere Vorsicht gilt laut Stiftung bei mit Zucker gesüßten Getränken und süßen Fruchtsäften. Der Verbrauch betrug in Deutschland 2016 nach Industrieangaben 116,3 Liter. Den größten Posten machten Limonaden mit 78,2 Liter pro Kopf im Jahr aus. Aber auch Fruchtsäfte seien problematisch. „Säuglinge und Kleinkinder sollten Fruchtsaft so zurückhaltend trinken wie Erwachsene Champagner. Saft ist kein alltägliches Lebensmittel, sondern vielmehr etwas, das zu besonderen Anlässen genossen werden darf“, so der Münchner Kinder- und Jugendarzt.
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