Stiftung Organtransplantation: Nicht das ganze System ist faul

Berlin – Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) und Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) haben die Deutschen aufgerufen, sich durch die mutmaßlichen Manipulationen bei Transplantationen nicht verunsichern zu lassen. Unterdessen lehnten die Grünen die Pläne der Bundesärztekammer zu einer besseren Kontrolle der Transplantationsmedizin ab.
Der medizinische Vorstand der DSO, Günter Kirste, sagte am gestern Abend in der ARD, die Vorfälle an den Universitätskliniken Göttingen und Regensburg dürften nicht verallgemeinert werden. „Wir haben keinen Organspendeskandal. Wir haben den Skandal eines einzelnen Menschen, der an zwei Kliniken agiert hat“, sagt Kirste in der Sendung „Beckmann“. „Man kann nicht den Schluss daraus ziehen, dass das ganze System faul ist.“
Bislang könne er keine direkten negativen Auswirkungen auf die Spendenbereitschaft in Deutschland erkennen, so Kirste. „Es gibt keinen dramatischen Abfall bei den Organspende-zahlen.“ Erste Statistiken aus Nordrhein-Westfalen deuteten sogar auf einen möglichen Rekordmonat bei Organspenden hin. Vergangene Woche hatte die DSO erklärt, es sei bereits in fünf Fällen eine Organspende von Angehörigen mit Hinweis auf die Manipulationsvorwürfe in Göttingen abgelehnt worden.
Vor dem Hintergrund eines eigenen Familiendramas rief Söder potenzielle Organspender auf, sich nicht verunsichern zu lassen. Söder, dessen Mutter Renate vor 18 Jahren nach schwerer Zuckerkrankheit im Alter von 56 Jahren in Folge von Nierenversagen gestorben war, sagte bild.de: „Die aktuellen Vorfälle müssen rasch aufgeklärt werden. Trotzdem bleibt die Organspende lebenswichtig. Organspende rettet Leben. Daher bitte weiter Ausweise ausfüllen.“ Der CSU-Politiker erklärte: „Meine Mutter würde vielleicht noch leben, wenn es damals eine Spenderniere gegeben hätte.“ Von ihm selber habe die Mutter eine Niere nicht annehmen wollen.
Der Gesundheitsausschuss des Bundestages wird sich voraussichtlich am 14. September in einer Sondersitzung mit möglichen Konsequenzen aus dem Organspendeskandal befassen. Der Termin bedürfe noch der Zustimmung des Bundestagspräsidenten, bestätigte gestern der Grünen-Parlamentarier Harald Terpe.
Terpe sieht bei der Vergabe von Spenderorganen den Gesetzgeber am Zug. „Die Regeln zur Organzuteilung müssen auf gesetzlicher Ebene präzisiert werden“, sagte der Gesundheitsexperte der Grünen-Fraktion. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) müsse sich für eine grundlegende Änderung des Transplantationsgesetzes stark machen. „Bislang habe ich aber noch nichts von ihm dazu gehört“, bemängelte der Grünen-Bundestagsabgeordnete.
Die Vorschläge von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen für mehr Transparenz und Kontrollen reichten nicht aus. „Man merkt ja deutlich, dass es beispielsweise noch Hemmungen gibt, Transparenz auch für die Vergangenheit herzustellen, etwa sämtliche Prüfberichte der Kontrollkommission offenzulegen“, sagte der Grünen-Politiker.
Bahr hatte die Vorschläge dagegen begrüßt: „Das Vertrauen in die Organspende und die Verfahren bei der Vermittlung müssen wiederhergestellt werden. Das gelingt uns nur gemeinsam“. Rufen nach einer Organvergabe durch staatliche Stellen hatte er in der Bild-Zeitung eine Absage erteilt.
Der amtierende Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Saarlands Gesundheitsminister Andreas Storm (CDU), sprach von einem „wichtigen Signal“. Die Ärzteschaft habe deutlich gemacht, „dass sie selbst Handlungsbedarf sieht.“
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