Ärzteschaft

Stiftung sieht Nachholbedarf bei Wissen über Sepsis

  • Freitag, 12. September 2025
Sepsis
/luchschenF, stock.adobe.com

Berlin – Notfall- und Rettungskräfte müssen besser über das Thema Sepsis weitergebildet werden. Das sagte Konrad Reinhart, Vorstandsvorsitzender der Sepsisstiftung, kürzlich mit Blick auf den morgigen Welt-Sepsis-Tag. Er betonte, das Wissen über Sepsis sei „im Notarzt- und Rettungsdienstbereich sehr gering“. Nötig sei eine „nationale Infektionsmanagementstrategie“, so Reinhart.

Der Intensivmediziner verwies auf eine aktuelle Analyse von mehr als 110.000 Einweisungsprotokollen von Sepsisbetroffenen ins Krankenhaus durch den Rettungsdienst in Bayern und Baden-Württemberg: Demnach wurde die Diagnose Sepsis von Rettungssanitätern nie und von Notärzten in weniger als 0,1 Prozent der Fälle dokumentiert.

Auch in den Notaufnahmen werde Sepsis zu häufig nicht rechtzeitig erkannt; beim Klinikpersonal gebe es erhebliche Mängel bei der Früherkennung und der Notfallbehandlung sich dort entwickelnder Sepsiskomplikationen, so Reinhart.

Derzeit seien in weniger als sechs Prozent aller deutschen Krankenhäuser strukturierte, sepsisbezogene Qualitätsverbesserungs- und Aufklärungsmaßnahmen vorhanden. In skandinavischen Ländern liegt der Anteil laut Reinhart bei knapp 50 Prozent.

Zudem wüssten weniger als zehn Prozent der Bevölkerung, dass auch Grippe und Corona zu einer Sepsis führen könnten und dass eine Impfung entsprechend schütze, sagte Reinhart mit Verweis auf eine Umfrage. Zwei Drittel glaubten, dass Sepsis ausschließlich durch Wundinfektionen ausgelöst werde und ein roter Streifen das Hauptsymptom sei.

Die Frühsymptome einer Sepsis kennen demnach nur die wenigsten Menschen. Dazu zählt laut Reinhart „ein nie gekanntes schweres Krankheitsgefühl, Verwirrtheit, eine schnelle Atmung und ein hoher Puls.“ Ebenfalls ungenügend bekannt sei, dass Sepsis als Notfall behandelt werden müsse: Mit jeder Stunde, in der die Therapie verzögert wird, sinke die Überlebenschance.

Die Sepsis ist die dritthäufigste Todesursache nach Herzkreislauferkrankungen und Krebs. Die Zahlen differieren zum Teil. Nach Angaben der Kampagne Deutschland erkennt Sepsis erkranken jährlich mindestens 230.000 Menschen an einer Sepsis, mindestens 85.000 davon sterben.

Die Deutsche Sepsistiftung geht von rund 140.000 Todesfällen aus. Zudem erleiden demnach bis zu drei Viertel der Überlebenden Langzeitfolgen. Die Deutsche Sepsisgesellschaft nannte für das Jahr 2022 eine Zahl von mindestens 65.000 Sepsistodesfällen.

Jährlich werden etwa 320.000 bis eine halbe Million Sepsisfälle im Krankenhaus behandelt. Die Sterblichkeit liegt der Sepisstiftung zufolge bei etwa 30 Prozent. Nach Ansicht von Experten wären in Deutschland etwa 20.000 Todesfälle vermeidbar.

Am häufigsten sind Menschen im Alter von über 65 Jahren, Kinder im Alter von unter einem Jahr, Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Lungen- und Herzkrankheiten, Krebs, Nierenerkrankungen und Diabetes sowie Patienten mit einem geschwächten Immunsystem betroffen.

kna/afp

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