Vermischtes

Stresslevel in Deutschland steigt stetig, besonders bei Frauen

  • Mittwoch, 26. November 2025
/kieferpix, stock.adobe.com
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Berlin – Stress greift einer repräsentativen Umfrage zufolge in der Bevölkerung in Deutschland zunehmend um sich. Der Anteil der Befragten, die sich nach Selbstauskunft manchmal oder häufig gestresst fühlen, ist von 57 Prozent im Jahr 2013 auf inzwischen 66 Prozent gestiegen. Das geht aus dem „Stressreport 2025“ der Techniker Krankenkasse (TK) hervor, der heute in Berlin vorgestellt worden ist.

Es ist das vierte Mal seit 2013, dass die Krankenkasse eine Umfrage zur Stressbelastung in Auftrag gegeben hat. Den aktuellen Ergebnissen zufolge übersteigt der Anteil der Frauen mit Stressbelastung den der Männer (71 Prozent vs. 60 Prozent). Jüngere Menschen im Alter von 18 bis 39 Jahren äußern dies anteilig häufiger als ab 60-Jährige (83 Prozent vs. 38 Prozent). Nur acht Prozent der insgesamt rund 1.400 Befragten geben an, niemals Stress zu empfinden.

Eine wichtige Rolle spielen inzwischen auch externe Stressfaktoren: Im Report gaben insgesamt 62 Prozent der zumindest manchmal gestressten Befragten an, sich durch Kriege und internationale Konflikte belastet zu fühlen.

Einem Drittel der Befragten gelingt es laut Report auch abends oder am Wochenende nicht richtig, von der Arbeit abzuschalten. Bis zu einem gewissen Grad gehöre Stress zum Leben dazu, es sei schließlich ein „Überlebensmechanismus“ sagte TK-Chef Jens Baas in Berlin. Er warnte jedoch davor, dass chronischer Stress das Risiko für bestimmte Krankheiten, wie Herz-Kreislauf-Probleme, Rückenschmerzen und Depressionen erhöhen könne. Diese Zusammenhänge zeigen sich auch im Report.

Frauen in vielen Punkten gestresster

Bei den Ursachen für das Stressgefühl zeigen sich einige Geschlechterunterschiede. So berichtet eine Mehrheit der zumindest manchmal stressgeplagten Frauen von hohen Ansprüchen an sich selbst (68 Prozent vs. 51 Prozent bei Männern). Viele Männer sehen eher Schule, Studium oder Beruf als Quelle an (65 Prozent vs. 53 Prozent bei Frauen).

Die Anteile der Frauen, die durch Faktoren aus dem Feld der Sorgearbeit Stress empfinden, sind außerdem merklich höher als bei Männern. Das gilt etwa bei der Arbeitsbelastung im Haushalt, schwerer Krankheit einer nahestehenden Person, Kindererziehung und Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger.

Aber auch bei externen Faktoren wie politischen und gesellschaftlichen Problemen, die auf Platz drei der häufigsten Stressoren liegen, klafft eine Geschlechterlücke: Davon fühlen sich bei den Frauen 58 Prozent gestresst, bei den Männern nur 47 Prozent.

Stresserleben sei ein Ausdruck von Ressourcenarmut, machte die Psychologin Judith Mangelsdorf (Deutsche Hochschule für Gesundheit und Sport, Berlin) deutlich. Frauen verdienten im Allgemeinen weniger Geld, erledigten eher die Care-Arbeit und hätten immer noch weniger Zugang zu Ressourcen als Männer. Zugang zu Bildungsmöglichkeiten, Angehen des Gender Pay Gap, familienfreundlichere Arbeitszeitmodelle – das seien Ansatzpunkte auf gesellschaftlicher Ebene.

Das Smartphone wieder zum „alten Knochen“ machen

Beim Umgang mit Stress und dem Anbieten von Strategien sieht sich die Krankenkasse am Zug. Vorgeschlagen wurden unter anderem Methoden, um den Nachrichtenkonsum und die Nutzung sozialer Medien mit einer Flut an Negativschlagzeilen und polarisierenden Inhalten besser zu steuern. Hier riet Psychologin Mangelsdorf zu „Detox-Zeiten“.

Das zeitweise Ausschalten des mobilen Internets, so wie früher beim „alten Knochen“, könne helfen, die Zeit in sozialen Medien zu reduzieren. Dies könne einen großen Unterschied für die psychische Gesundheit machen. Sie riet zudem dazu, Social-Media-Apps vom Handy zu löschen und nur noch am Computer zu nutzen, was zu einer bewussteren Nutzung der Kanäle beitrage. Dies könne einer Studie zufolge schon nach einer Woche zu einem geringeren Stressempfinden und weniger Ängstlichkeit führen.

Das Smartphone sei außerdem nicht mehr so attraktiv, wenn man einen Graustufenfilter einschalte, so die Psychologin. Sie prognostiziert, dass die Gesellschaft in Zukunft mit Unverständnis auf die heutige Social-Media-Nutzung zurückblicken wird – so wie man heute auf das einst mögliche Rauchen in Flugzeugen reagiere. Resilienz könne zudem zum Beispiel durch soziale Kontakte, Bewegung und Zeit in der Natur aufgebaut werden.

Baas appellierte auf eine entsprechende Frage auch an die Politik, dass den Menschen mit mehr Klarheit geholfen wäre: Starkes Polarisieren und Unsicherheit riefen Stress hervor. „Dissens um des Dissens willen“ sei daher problematisch, vielmehr brauche es konkrete Lösungen.

ggr

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