Medizin

Studie: ASS könnte Wachstum von Aortenaneurysmen verlangsamen

  • Freitag, 22. Dezember 2023
/picture alliance, PRILL Mediendesign & Fotografie
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Cleveland – Abdominale Aortenaneurysmen vergrößern sich bei Patienten, die zumeist aus anderen Gründen täglich Acetylsalicylsäure (ASS) einnehmen, weniger schnell als bei anderen Patienten. Diese Beobachtung machten Ärzte eines US-amerikanischen Behandlungszentrums in JAMA Network Open (2023; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2023.47296). Die Einahme des Thrombozytenaggregationshemmers war jedoch nicht mit einem verminderten Sterberisiko assoziiert.

Das abdominale Aortenaneurysma ist in den meisten Fällen Folge einer Atherosklerose mit denselben Risikofaktoren (etwa Bluthochdruck, Rauchen und Cholesterin) wie eine koronare Herzkrankheit (KHK). Die Leitlinien der US-Kardiologenverbände (ACC/AHA) betrachten das abdominale Aortenaneurysma deshalb als „KHK-Äquivalent“ und empfehlen dieselben präventiven Maßnahmen, zu denen neben dem Verzicht auf das Rauchen auch eine Normalisierung des Blutdrucks und eine Senkung des Cholesterins gehören mit dem Ziel, das weitere Wachstum des Aneurysmas zu verhindern.

Die Evidenz ist jedoch gering, da kaum randomisierte Studien durchgeführt wurden, und die wenigen Studien haben nicht die erwarteten Ergebnisse erbracht. So konnte in der britischen AARDVARK-Studie zwar mit einen ACE-Hemmer (Perindopril) oder einem Kalziumantagonisten (Amlodipin) der Blutdruck gesenkt werden. Eine weitere Vergrößerung der Aneurysmen wurde jedoch nicht aufgehalten (European Heart Journal 2016; DOI: 10.1093/eurheartj/ehw257). Auch Therapieversuche mit Beta-Blockern, Doxycyclin und Azithromycin blieben in der Studie bisher erfolglos.

Eine weitere Behandlung, die die US-Leitlinie empfiehlt, ist die tägliche Einnahme von „Low dose“-ASS, das auch nach einem Herzinfarkt oder bei anderen atherosklerotischen Erkrankungen zur Sekundärprävention eingesetzt wird. Die Evidenz beim Aneurysma ist jedoch gering. Sie stützt sich auf pathophysiologische Überlegungen, nach denen eine Thrombusbildung in den Aneurysmen das Wachstum vorantreibt, sowie auf Tierexperimente, in denen ASS die intramurale Thrombusbildung und die Entzündungsreaktion des Aneurysmas reduziert und damit das Rupturrisiko gesenkt hat.

Therapiestudien wurden bisher nicht durchgeführt, und auch epidemiologische Studien hatten bisher keine eindeutigen Hinweise dafür gefunden, dass die Einnahme von ASS mit einem verminderten Wachstum der Aneurysmen assoziiert ist.

Ein Team um Scott Cameron vom „Heart Vascular and Thoracic Institute“ der Cleveland Clinic hat jetzt die Daten von 3.435 erwachsenen Patienten ausgewertet, bei denen ein Aortenaneurysma mit einem maximalen Durchmesser von 3,0 cm unterhalb der Nierenarterien entdeckt wurde und bei denen das Wachstum in den folgenden median 4,5 Jahren in mindestens zwei Ultraschalluntersuchungen dokumentiert wurde.

Insgesamt 2.150 Patienten hatten ASS eingenommen. Bei ihnen kam es zu einer mittleren jährlichen Vergrößerung des Aneurysmas um 2,8 mm gegenüber 3,8 mm bei den 1.285 Patienten, die kein ASS eingenommen hatten. Cameron ermittelt eine adjustierte Odds Ratio von 0,64, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,49 bis 0,89 signifikant war.

ASS scheint das Wachstum am ehesten bei kleineren Aneurysmen zu verlangsamen. Der Effekt war bei Männern größer als bei Frauen und bei Nichtrauchern stärker als bei Rauchern. In diesem beiden Gruppen konnte vor allem ein schnelles Wachstum des Aneurysmas häufiger verhindert werden.

Ein Einfluss auf die Gesamtmortalität (angepasste Hazard Ratio aHR 0,92; 0,79-1,07), auf schwere Blutungen (aHR 0,88; 0,76-1,03) oder auf die Kombination aus Aneurysma-Reparatur, Dissektion oder Ruptur (aHR 1,16; 0,93-1,45) konnte nicht gezeigt werden.

Da eine epidemiologische Studie niemals ausschließen kann, dass andere Uraschen übersehen wurden, bleibt die Evidenz begrenzt. Der Beweis einer präventiven Wirkung könnte nur in einer randomisierten Studie erbracht werden, schreibt Cameron. Dort müsste der mögliche Nutzen den Risiken der Behandlung gegenübergestellt werden, die bei ASS vor allem in einem erhöhten Blutungsrisiko bestehen.

rme

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