Studie bestätigt kardiovaskuläre Sicherheit des COX-2-Hemmers Celecoxib

Cleveland – Der COX-2-Hemmer Celecoxib, dessen kardiovaskuläre Sicherheit nach der Rücknahme von Rofecoxib im Jahr 2004 angezweifelt wurde, hat eine von der US-Arzneibehörde FDA angeordnete Überprüfung bestanden. In einer Non-Inferioritäts-Studie kam es bei Langzeitanwendern nicht häufiger zu kardiovaskulären Ereignissen als unter den konventionellen nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAID) Naproxen oder Ibuprofen.
Die auf der Jahrestagung der American Heart Association in New Orleans vorgestellten und im New England Journal of Medicine (2016; doi: 10.1056/NEJMoa1611593) publizierten Ergebnisse bestätigen die bekannte bessere gastrointestinale Verträglichkeit und weisen auf eine eventuelle Schutzwirkung auf die Nieren hin.
Celecoxib wurde zusammen mit Rofecoxib im Jahr 1999 als erste Vertreter der COX-2-Inhibitoren eingeführt. Diese Mittel versprachen eine schonendere antientzündliche Wirkung, weil sie gezielt das Enzym Cyclooxygenase 2 (COX-2) blockieren, das bei Verletzungen im Gewebe aktiviert wird, während die Cyclooxygenase 1, die überall im Körper Entzündungsreaktionen steuert, nicht gehemmt wird. Das Konzept war erfolgreich und binnen weniger Jahre gehörten Vioxx (Rofecoxib) von Merck (in Deutschland MSD) und Celebrex von Pfizer zu den meistverordneten Medikamenten.
Dies änderte sich schlagartig 2004, als es in einer Studie, die den Nutzen von Rofecoxib zur Prävention von Darmpolypen zeigen sollte, überraschend zu einem Anstieg von kardiovaskulären Ereignissen gekommen war. Der Hersteller nahm Vioxx vom Markt. Celebrex durfte weiter verordnet werden, doch die US-Arzneimittelbehörde FDA verpflichtete den Hersteller zur Durchführung einer Langzeitstudie.
An der PRECISION-Studie (Prospective Randomized Evaluation of Celecoxib Integrated Safety versus Ibuprofen or Naproxen) nahmen seit Oktober 2006 an 926 Zentren in 13 Ländern (keine deutsche Beteiligung) 24.081 Patienten teil, die aufgrund von Gelenkbeschwerden (Osteoarthritis oder rheumatoide Arthritis) auf die tägliche Einnahme eines Schmerzmittels angewiesen waren. Ein weiteres Einschlusskriterium waren kardiovaskuläre Vorerkrankungen oder ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko.
Je ein Drittel der Patienten wurde auf eine Behandlung mit Celecoxib (100 mg zweimal täglich), Ibuprofen (600 mg dreimal täglich), oder Naproxen (375 mg zweimal täglich) randomisiert. Primärer Endpunkt der Studie was ein Composite aus kardiovaskulärem Todesfall, Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Die Studie sollte über zehn Jahre laufen, doch schon bald zeigte sich, dass viele Patienten nicht bereit waren, sich so lange zu binden. Zwei Drittel (68,8 Prozent) setzten die Medikamente vorzeitig ab, ein Viertel verweigerte die Nachbeobachtung. Eine hohe Abbruchrate gefährdet die Aussage von randomisierten Studien, da nicht auszuschließen ist, dass einige Patienten wegen Nebenwirkungen die Behandlung abbrachen. Die Zahl der Studienabbrecher war jedoch in allen drei Gruppen gleich hoch, was Verzerrungen zwar nicht ausschließt, aber unwahrscheinlich macht.
Im Durchschnitt wurden die Patienten über 20,3 Monate behandelt und danach noch über 34,1 Monate nachbeobachtet. Während dieser Zeit trat der primäre Endpunkt in der Celecoxib-Gruppe bei 188 Patienten (2,3 Prozent), in der Naproxen-Gruppe bei 201 Patienten (2,5 Prozent) und in der Ibuprofen-Gruppe bei 218 Patienten (2,7 Prozent) auf.
Celecoxib erwies sich damit als der tendenziell für Herz und Kreislauf sicherste der drei Wirkstoffe. Die Unterschiede waren jedoch trotz der großen Fallzahl nicht signifikant. Entscheidend war aber, dass der obere Wert des 97,5-Prozent-Konfidenzintervalls die vor der Studie festgelegte Grenze von 1,33 (wonach Celecoxib das Risiko um 33 Prozent erhöht hätte) nicht überschritt. Der COX-2-Hemmer hat damit die Non-Inferioritäts-Prüfung bestanden.
Das Ergebnis bedeutet übrigens nicht, dass der Einsatz von Celecoxib frei von kardiovaskulären Risiken ist. Die Arzneimittelagenturen (EMA und FDA) sind inzwischen überzeugt, dass auch einige NSAID, darunter Ibuprofen, in hoher Dosierung das Risiko erhöhen. Naproxen, das die stärkste Affinität zu COX-1-Enzymen hatte, wurde allerdings davon ausgenommen. Um eine kardiovaskuläre Unbedenklichkeit von Celecoxib zu belegen, wäre eine Placebo-Gruppe notwendig gewesen. Darauf wurde verzichtet, weil alle Patienten eine Behandlung benötigten. Auf eine Vergleichsgruppe mit Paracetamol wurde verzichtet, weil dieses Mittel bei entzündlichen Gelenkerkrankungen in der Regel nicht wirksam ist. Die Schmerzlinderung von NSAID ist Folge der antientzündlichen Wirkung. Das gilt auch für die COX-2-Hemmer.
Wie für einen COX-2-Hemmer erwartet, traten gastrointestinale Ereignisse unter Celecoxib (86 Ereignisse, 1,1 Prozent) seltener auf als unter Naproxen (119 Ereignisse, 1,5 Prozent) oder Ibuprofen (120 Ereignisse, 1,6 Prozent). Die Hazard Ratios für den Vergleich Celecoxib mit Naproxen (0,71; 0,54-0,93) und den Vergleich Celecoxib mit Ibuprofen (0,65; 0,50-0,85) waren signifikant.
Interessanterweise kam es auch seltener zu Störungen der Nierenfunktion. Unter Celecoxib kam es zu 57 renalen Ereignissen (0,7 Prozent) gegenüber 71 renalen Ereignissen unter Naproxen (0,9 Prozent) und 92 renalen Ereignissen unter Ibuprofen (1,1 Prozent). Die Hazard Ratio für den Vergleich Celecoxib mit Ibuprofen (0,61; 0,44-0,85) war signifikant, der Vergleich Celecoxib mit Naproxen (0,79; 0,56-1,12) war es nicht.
Die Ergebnisse der Studie stellen den Ruf von Naproxen infrage, ein zwar schlecht verträgliches, dafür aber herzschonendes NSAID zu sein. Tatsächlich kam es in der Naproxen-Gruppe zu den meisten Todesfällen (163 oder 2,0 Prozent gegenüber 132 Todesfällen oder 1,6 Prozent unter Celecoxib). Die Unterschiede waren jedoch statistisch nicht signifikant.
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