Studie: NSAID erhöhen Herzinfarkt-Risiko bei Atemwegsinfektionen

Taipeh – Die Einnahme von nicht-steroidalen Antiphlogistika (NSAID) bei grippalen Infekten – ein in der Selbstmedikation von Erkältungen häufiges Verhalten – kann unter Umständen einen tödlichen Herzinfarkt auslösen. Darauf deuten die Ergebnisse einer Case-Crossover-Studie im Journal of Infectious Diseases (2017; doi: 10.1093/infdis/jiw603) hin.
Seit Längerem ist bekannt, dass akute Atemwegsinfektionen einen Herzinfarkt oder Schlaganfall triggern können. Vor einigen Jahren gerieten auch nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID) in den Verdacht, das Herzinfarkt-Risiko zu erhöhen. Zunächst schien die Gefahr nur auf COX-2-Hemmer beschränkt zu sein. Rofecoxib wurde deswegen sogar 2004 vom Markt genommen. Inzwischen steht fest, dass auch andere NSAID betroffen sind, darunter rezeptfrei erhältliche Mittel wie Ibuprofen.
Diese Mittel werden von der Bevölkerung häufig als „Erkältungsmittel“ eingenommen, was nach einer Analyse, die Cheng-Chung Fang von der Nationalen Universität von Taiwan in Taipeh durchgeführt hat, keine gute Idee ist. Der Forscher hat die Daten von 9.793 Patienten ausgewertet, die wegen eines akuten Herzinfarkts in einer Klinik behandelt wurden. Dabei zeigte sich, dass die Patienten in den sieben Tagen vor dem Herzinfarkt häufiger als zu anderen Zeiten an einer akuten Atemwegsinfektion gelitten hatten. Sie hatten auch häufiger ein NSAID eingenommen als während der übrigen Tage des vorausgegangenen Jahres. Dies ist in einer Case-Crossover-Studie immer ein Hinweis auf ein erhöhtes Risiko.
Bereits die akute Atemwegsinfektion hatte das Herzinfarkt-Risiko beinahe verdreifacht (adjustierte Odds Ratio 2,65; 95-Prozent-Konfidenzintervall 2,29–3,06). Auch die Einnahme von NSAID ohne Vorliegen einer akuten Atemwegsinfektion war mit einem erhöhten Herzinfarkt-Risiko assoziiert (adjustierte Odds Ratio 1,47; 1,33–1,62). Wenn beide Faktoren zusammenkamen, betrug die adjustierte Odds Ratio 3,41 (2,80–4,16). Für die Patienten, die während einer akuten Atemwegsinfektion intravenös mit NSAID behandelt wurden, ermittelte Fang sogar eine adjustierte Odds Ratio von 7,22 (4,07–12,81).
Wie bei vielen epidemiologischen Untersuchungen kann die Case-Crossover-Studie eine Kausalität letztlich nicht belegen. Angesichts der bekannten Einzelrisiken besteht jedoch kein Zweifel, dass NSAID bei Patienten mit akuten Atemwegsinfektionen kontraindiziert sind. Sollte eine symptomatische Therapie notwendig sein, sollte Paracetamol verordnet werden, rät Fang.
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