Medizin

Studie: PPI Lansoprazol könnte vor Tuberkulose schützen

  • Dienstag, 28. November 2017
Mycobacterium tuberculosis
Mycobacterium tuberculosis /dpa

London – Patienten, die mit dem Protonenpumpeninhibitor (PPI) Lansoprazol behandelt werden, erkranken seltener an einer klinischen Tuberkulose. Dies ergab die Auswertung von elektronischen Krankenakten in PloS Medicine (2017; doi: 10.1371/journal.pmed.1002457). Sie bestätigt frühere Laborbefunde, nach denen Lansoprazol, nicht aber andere PPI, ein Enzym in der Atmungskette von Mycobacterium tuberculosis hemmt.

Ein Team um Stephan Cole von der Technischen Hochschule in Lausanne hatte die antituberkulöse Wirkung von Lansoprazol bei der systematischen Suche nach neuen Tuberkulostatika entdeckt. Der Säureblocker hemmte den Cytochrom-bc1-Komplex in der Atmungskette, was zum Absterben der Mykobakterien führte. Da Lansoprazol ein zugelassenes und in der Regel gut verträgliches Medikament ist, könnte es sofort in klinischen Studien zur Behandlung der Tuberkulose untersucht werden. Dies scheint bisher nicht geschehen zu sein, obwohl Lansoprazol vom Wirkungmechanismus her auch bei multiresistenten  Tuberkuloseformen wirksam sein könnte, für die dringend neue Medikamente benötigt werden. 

Londoner Tropenmediziner haben jetzt einen weiteren Hinweis für die Wirksamkeit von Lansoprazol gefunden. Die Forscher analysierten die Datenbank CPRD („Clinical Practice Research Datalink“), die die elektronischen Krankenakten von etwa 8 Prozent der britischen Bevölkerung speichert. Die Ärzte notieren dort nicht nur die Verordnung von Medikamenten, etwa Lansoprazol, sondern auch neu aufgetretene Erkrankungen, etwa eine Tuberkulose. 

Von 527.364 Patienten, die eine Behandlung mit Lansoprazol begannen, erkrankten später 86 an einer Tuberkulose, was einer Inzidenz von 10,0 Fällen auf 100.000 Personen­jahre entspricht. Die Zahl ist nicht ungewöhnlich niedrig, da Großbritannien zu den Niedrig-Endemie-Regionen der Tuberkulose gehört (mit Ausnahme einiger Londoner Stadtteile mit hohem Migrantenanteil).

Um herauszufinden, ob die Behand­lung mit Lansoprazol die Patienten vor einer Neuer­krankung der Tuberkulose (die in der Regel eine Reaktivierung einer latenten Infektion ist) schützt, hat das Team um Ian Douglas von der London School of Hygiene & Tropical Medicine zum Vergleich die Erkrankungsrate von Patienten analysiert, die eine Behandlung mit dem PPI Omeprazol begonnen hatten. Hier kam es bei 923.500 Patienten zu 193 Tuberkulose-Erkrankun­gen. Dies entspricht einer Inzidenz von 15,3 Fällen pro 100.000 Personenjahre.

Aus dem Vergleich der beiden Inzidenzen ergibt sich, dass Patienten, die mit Lanso­prazol behandelt wurden, zu etwa einem Drittel seltener an einer Tuberkulose erkranken. Die adjustierte Hazard Ratio von 0,68 war mit einem 95-Prozent-Konfidenz­intervall von 0,52 bis 0,89 hochsignifikant. 

Da Lansoprazol und Omeprazol eine gleich starke Säureblockade erzielen und kein Grund erkennbar ist, warum Ärzte eines der beiden Mittel bei bestimmten Patienten vorziehen sollten, könnte die Schutzwirkung gegen Tuberkulose real sein. Sie plädieren deshalb dafür, die Wirksamkeit von Lansoprazol in klinischen Studien zu testen.

rme

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