Sudan: Gesundheitssystem bricht zusammen, Sorge um Medizinlabor mit Erregern

Khartum – Die Gewalt im Sudan macht auch vor den Krankenhäusern und der Versorgung von Patienten nicht halt. Das Gesundheitssystem bricht zusammen. Berichten zufolge sterben Patienten in ihren Betten und niemand kümmert sich mehr darum.
Seit dem 15. April haben die rivalisierenden Generäle Abdel Fattah al-Burhan und Mohammed Hamdan Daglo mit ihren Truppen Khartum in ein Kriegsgebiet verwandelt. Hunderte Menschen wurden getötet, tausende verletzt.
Doch obwohl sie dringender denn je benötigt werden, müssen Krankenhäuser schließen und Ärzte werden an ihrer Arbeit gehindert. Selbst um die Toten kann sich oft niemand mehr kümmern.
„Verwesende Leichen werden auf den Stationen aufbewahrt, weil es keine andere Möglichkeit gibt, sie unterzubringen“, sagte Attija Abdullah, der Generalsekretär des sudanesischen Ärzteverbandes. Die Leichenhallen seien überfüllt und die Straßen mit Leichen übersät. Die Kämpfe hätten zum „kompletten Zusammenbruch des Gesundheitssystems“ geführt, sagt Abdullah.
Patienten berichten von Krankenhausaufenthalten ohne Essen, Wasser und Strom. Die Kliniken würden zudem immer wieder beschossen, direkt davor gekämpft. Die Klinik in Khartum ist nicht die einzige: Landesweit wurden nach Informationen des Ärzteverbands 13 Krankenhäuser angegriffen und 19 weitere evakuiert.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet von mindestens acht Toten durch Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen. Erreichen die Kämpfe Kliniken, stehen die Ärzte vor einer schwierigen Entscheidung. „Wir sehen uns gezwungen, die Patienten gehen zu lassen“, sagte Verbandschef Abdullah. „Wenn sie bleiben, würden sie getötet werden.“
Die wenigen verbliebenen Krankenhäuser behandelten hauptsächlich Schusswunden, sagte Abdullah. „Aber sie haben nicht genug chirurgische Ausrüstung, nicht genug Treibstoff für die Generatoren, nicht genügend Krankenwagen und Blut. Sie können jederzeit geschlossen werden.“
Und auch die Ärzte und Pfleger sind am Ende ihrer Kräfte. „In einigen Krankenhäusern arbeitet seit acht Tagen durchgehend dasselbe Team“, so Abdullah. „Manche haben nur einen Chirurgen. Alle sind extrem erschöpft.“
Viele Verletzte sterben, weil Ärzte nicht zu ihnen kommen können. In den sozialen Medien versuchen Sudanesen verzweifelt, Medikamente für chronisch kranke Verwandte aufzutreiben. Und der Ärzteverband gibt auf Facebook Ratschläge für den Umgang mit verwesenden Leichen.
Sorgen macht sich die WHO um die Besetzung eines staatlichen Medizinlabors mit Proben von Krankheitserregern. Die WHO warnte vor einer „extrem, extrem gefährlichen“ Situation. WHO-Sprecher Nima Saeed Abid sprach im Zusammenhang mit der „Besetzung des Medizinlabors durch eine Konfliktpartei“ von einem „sehr großen biologischen Risiko“.
Er sagte nicht, welche der beiden Konfliktparteien das Labor besetzt hält. In der Einrichtung werden nach WHO-Angaben Proben verschiedener potenziell tödlicher Krankheitserreger wie Cholera, Masern und Polio gelagert. Alle anwesenden Labortechniker seien von den Kämpfern vetrieben worden, hieß es.
Unterdessen gehen die Evakuierungen von Ausländern aus dem Sudan weiter. Die Bundeswehr brachte seit Sonntagabend nach eigenen Angaben mit fünf Flügen knapp 500 Menschen außer Landes. Wie das Auswärtige Amt auf Twitter mitteilte, wurden mit deutscher Hilfe Menschen aus mehr als 30 Ländern in Sicherheit gebracht, unter anderem aus den Niederlanden, Österreich, Dänemark und Polen.
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