Medizin

Südafrika: Omikron-Variante BA.2 führt nicht zu schwereren Erkrankungen

  • Dienstag, 22. Februar 2022
/Paulista, stock.adobe.com
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Johannesburg – Erkrankungen mit dem Oikron-Subtyp BA.2, der sich derzeit aufgrund seiner höheren Infektiosi­tät in vielen Ländern ausbreitet, unterscheiden sich im klinischen Verlauf offenbar nicht wesentlich von der original Omikron-Variante von SARS-CoV-2. Dies zeigt eine klinische Studie in medRxiv (2022: DOI: 10.1101/2022.02.17.22271030) aus Südafrika, wo BA.2 sich frühzeitig durchgesetzt hat.

Der Subtyp BA.2 wurde in Südafrika bereits am 17. November 2021 entdeckt. Mit BA.1 hat er 32 Mutatio­nen gemeinsam, was auf dieselbe Herkunft hindeutet. Es gibt aber auch 28 genetische Unterschiede, die das Verhalten von BA.2 verändern könnten.

Die erste Auffälligkeit war, dass bei BA.2 die Deletion an Position 69-70 des S-Gens fehlt. Sie führt bei BA.1 im PCR-Test zu einem (falsch) negativen Nachweis des S-Gens. Dieser „S-Gene-target failure“ (SGTF) fehlt bei BA.2. Der Nachweis des S-Gens gelingt also.

Anhand der S-Gen-Positivität kann die Ausbreitung von BA.2 auch ohne Genotypisierung leicht verfolgt werden. Südafrika ist vermutlich das erste Land, in dem sich BA.2 durchgesetzt hat. In der Provinz Gau­teng war BA.2 schon in der 3. Kalenderwoche die dominierende Variante. Eine Woche später lag der An­teil bereits bei 80 %, wie Nicole Wolter vom „National Institute for Commu­nicable Diseases“ in Johannes­burg und Mitarbeiter jetzt mitteilen.

Andere Länder wie Großbritannien und Dänemark folgten. In Deutschland lag der Anteil zuletzt bei 14,9 %. Aufgrund der (nach derzeitigen Schät­zungen) um 40 % höheren Infektiosität, dürfte sich BA.2 in den nächsten Wochen auch in Deutschland durchsetzen.

Die Sorgen betreffen zum einen die Qualität des Impfschutzes, der durch die genetischen Abweichungen verändert werden könnte. Zum anderen wurde befürchtet, dass BA.2 zu schwereren Erkrankungen führen könnte. Dies scheint nach den aus Südafrika gemeldeten Daten nicht der Fall zu sein.

Die Hospitalisierungsrate liegt bei einem SGTF, sprich einer BA.1-Infektion, bei 3,4 %. Patienten mit einer S-Gen-Positivität, also einer BA.2-Infektion, wurden zu 3,6 % hospitalisiert. In einer adjustierten Analyse betrug die Odds Ratio 0,96, wobei diese Zahl mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,85 bis 1,09 eine recht genaue Abschätzung ermöglicht. Die Berechnungen beruhen auf insgesamt 92.962 Infektionen aus der Zeit bis zum 20. Januar 2022.

Patienten mit BA.2-Infektion wurden etwas seltener auf Intensivstationen verlegt

Der Anteil der hospitalisierten Patienten, die auf Intensivstation verlegt werden mussten, Sauerstoff oder eine Beatmung oder ECMO benötigten oder starben, war bei einer BA.2-Infektion tendenziell niedriger als nach einer BA.1-Infektion (30,5 % versus 33,5 %). Wolter ermittelt eine Odds Ratio von 0,91 mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,68 bis 1,22.

Hallek Tweet 20.2.2022
Screenshot Twitter , 22.2.2022

Unter den hospitalisierten Patienten war der Anteil der Patienten mit einer Reinfektion bei den BA.2-Infizierten mit 2,6 % übrigens niedriger als beim BA.1-Subtyp (3,5 %). Wolter ermittelt eine Odds Ratio von 0,99 (0,86-1,14). Dies deutet darauf hin, dass sich BA.2 einer Immunität nicht häufiger entzieht als BA.1, was ebenfalls ein beruhigendes Ergebnis ist.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hält die Studie, sofern sich die Ergebnisse bestätigen würden, für „sehr bedeutsam“. Auf Twitter schrieb er dazu: „Die ansteckendere Omicron Variante BA.2verläuft klinisch nicht schwerer. Da sie sich in Deutschland immer mehr verbreitet ist das für uns wichtig.“

Auch Michael Hallek, Leiter der Medizinischen Klinik I am Uni­ver­si­tätsklinikum Köln, äußerte sich auf Twitter vorsichtig optimis­tisch.

Er wies aber auch darauf hin, was möglicherweise nicht erfasst wurde: langsame Verläufe von (vor allem immunsupprimierten) Omikron-Patienten, die sich erst nach 2 bis 3 Wochen – zum Teil dramatisch – verschlechtern würdem. Diese Einordnung führte er auf eigene Beobachtungen bei seinen Patienten am Universitäts­klinikum Köln zurück (siehe Screenshot).

rme

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