Systemische Therapie bei Kindern und Jugendlichen: IQWiG sieht Vorteile bei bestimmten psychischen Störungen

Berlin – Bei Essstörungen und bei psychischen Störungen, die auf die Einnahme die Psyche beeinflussender Substanzen wie Drogen zurückgehen, zeigt sich in Studien ein Vorteil der Systemischen Therapie gegenüber anderen Behandlungen.
Dies ist das Ergebnis der heute vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vorgelegten vorläufigen Nutzenbewertung, welche auf der Auswertung von 37 randomisierten kontrollierten Studien basiert.
Die Systemische Therapie ist ein psychotherapeutisches Verfahren zur Behandlung von psychischen Störungen. Leitgedanke der Systemischen Therapie ist, dass soziale Beziehungen – vor allem innerhalb der Familie – eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Behandlung von psychischen Störungen spielen.
Anders als die analytische Psychotherapie, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die Verhaltenstherapie zählt die Systemische Therapie bislang in Deutschland nicht zu jenen psychotherapeutischen Verfahren, die als ambulante Leistung in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen eingesetzt und erstattet werden.
Die Systemische Therapie zur Behandlung von Erwachsenen wurde hingegen 2019 in die dafür maßgebliche Psychotherapie-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) aufgenommen. Vor diesem Hintergrund hat der G-BA das IQWiG im August 2021 mit der Nutzenbewertung der Systemischen Therapie als Psychotherapieverfahren bei Kindern und Jugendlichen mit einer psychischen Störung beauftragt.
Laut dem IQWiG-Vorbericht zeigen die Studien im Anwendungsbereich „Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ Vorteile für die Systemische Therapie im Vergleich zu den bislang von den Krankenkassen gemäß Psychotherapie-Richtlinie erstatteten Psychotherapieverfahren („Richtlinientherapie“).
Beispielsweise waren in einer Studie mit 450 Cannabiskonsumenten im Alter zwischen 13 und 18 Jahren in der Systemischen-Therapie-Gruppe im Vergleich zur Richtlinientherapiegruppe bei Studienende sowohl der Cannabisgebrauch geringer als auch die Anzahl der Symptome einer Cannabiskonsumstörung.
Ein Vorteil der Systemischen Therapie lässt sich nach Angaben des IQWiG auch bei Essstörungen gegenüber Psychotherapien, die nicht zur Richtlinientherapie gezählt werden, sowie gegenüber sonstigen Behandlungen ableiten.
Bei affektiven Störungen wie Depressionen sowie bei Angst- und Zwangsstörungen zeigten die Daten Vorteile der Systemischen Therapie gegenüber einer Placebo- oder keiner Behandlung.
Für die Anwendungsbereiche „Störungen des Sozialverhaltens“ und „Seelische Krankheit aufgrund frühkindlicher emotionaler Mangelzustände“ skizziert die IQWiG-Projektgruppe in ihrem Vorbericht jeweils Eckpunkte für Erprobungsstudien, mit denen geprüft werden kann, ob die Systemische Therapie hier die Versorgung verbessert könnte.
Die Abgabe von Stellungnahmen zum IQWiG-Vorbericht ist noch bis zum 16. September, unter Beachtung der formalen Anforderungen, möglich.
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