Tägliche Schulstunde im Freien beugt Kurzsichtigkeit vor
Guangzhou – Kinder, die häufiger im Freien spielen, entwickeln seltener eine Myopie als „Leseratten“. Diese weit verbreitete Erfahrung wird durch die Ergebnisse einer randomisierten Studie aus China bestätigt, die jetzt im US-amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2015; 314: 1142-1148) veröffentlicht wurde.
In städtischen Regionen Südostasiens sind 80 Prozent aller Absolventen höherer Schulen kurzsichtig und nicht weniger als 20 Prozent haben eine Fehlsichtigkeit von minus 6 Dioptrien oder mehr. Die Verlängerung des Augapfels, die diesem Refraktionsfehler zugrunde liegt, erhöht im späteren Leben das Risiko auf eine Netzhautablösung und möglicherweise auch auf eine Makuladegeneration.
Nachdem zwei kleinere Studien zu dem Ergebnis gekommen waren, dass ein längerer Aufenthalt im Freien die Häufigkeit einer Myopie senkt, entschlossen sich Mingguang He von der Sun Yat-sen Universität in Guangzhou (dem früheren Kanton) und Mitarbeiter zu einer randomisierten klinischen Studie. Zwölf Grundschulen wurden auf zwei Gruppen randomisiert. In sechs Schulen wurde eine zusätzliche tägliche Schulstunde von 40 Minuten eingeführt, die die Kinder im Freien verbrachten. In den anderen sechs Grundschulen blieb alles beim Alten.
Die Studie wurde bei der Einschulung begonnen. Am Ende des dritten Schuljahres war der Anteil der Kinder, die eine Myopie entwickelt hatten, in den Schulen mit zusätzlicher „Freistunde“ mit 30,4 gegenüber 39,5 Prozent in der Kontrollgruppe tatsächlich niedriger. Der Unterschied mag gering erscheinen, er war jedoch signifikant. He weist darauf hin, dass eine Myopie, die bereits in der Grundschule beginnt, später häufiger zu stärkeren Refraktionsfehlern führt.
Michael Repka von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore ist durchaus angetan vor den Ergebnissen der chinesischen Kollegen. In weiteren Studien könnten Standards für eine gesündere Unterrichtsplanung an Schulen geschaffen werden, schreibt Repka. Er warnt allerdings davor, die Wirkung zu überschätzen. Es sei derzeit nicht geklärt, ob der längere Aufenthalt im Freien die Myopie tatsächlich verhindern kann oder nur eine hinausschiebende Wirkung habe.
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