Tägliche Testpflicht für medizinisches Personal im Bund auf dem Prüfstand

Berlin – Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP stellt die im Infektionsschutzgesetz (IfSG) neu geregelte tägliche Testpflicht auf SARS-CoV-2 für immunisierte Beschäftigte von medizinischen Einrichtungen auf den Prüfstand. Das erfuhr das Deutsche Ärzteblatt auf Nachfrage.
Wie die Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink (Grüne) dem Deutschen Ärzteblatt erklärte, soll der Aufwand für die Durchführung von „2G+“ in Einrichtungen, in denen besonders vulnerable Menschen versorgt werden, „erheblich reduziert werden“. „Dabei geht es um die Dokumentstionspflichten und auch um eine Klarstellung über die Testfrequenz für Geimpfte und Genesene“, sagte Klein-Schmeink.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sei bereits gebeten worden, eine entsprechende Formulierungshilfe zu erarbeiten. Darüber hinaus sei das Ministerium aufgerufen, in Bezug auf die Refinanzierung der Tests dafür zu sorgen, „dass diese für alle Einrichtungen sichergestellt ist“, wie sie weiter betonte.
Die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) bestätigte ebenfalls, dass Änderungen in Arbeit sind. „Wir sind diesbezüglich in Gesprächen und hoffen, dass für alle Beteiligten schnellstmöglich Klarheit geschaffen wird“, sagte sie. Das gelte sowohl für die täglichen Testungen als auch für eine mögliche Refinanzierung der Tests für Arztpraxen und Krankenhäuser.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete, Gesundheitspolitikerin und Ärztin Sabine Dittmar, die in Berlin als neue Bundesgesundheitsministerin gehandelt wird, zeigte sich reserviert. Sie kann den Aufruhr in den Praxen nach eigenen Worten „nur bedingt nachvollziehen“.
„In den Arztpraxen gibt es tagtäglich engen Kontakt zu vielen hundert Patienten aus unterschiedlichsten Settings“, sagte sie dem Deutschen Ärzteblatt. Mit Blick auf den Schutz der Patienten und des eigenen Praxisteams sollte es daher „eine Selbstverständlichkeit sein, dass sich die Belegschaft regelmäßig testet“, erklärte sie. Darüber hinaus sei das präventive Testen schon lange in der Corona-Testverordnung vorgesehen, sei aber „offensichtlich nicht überall beherzigt“ worden.
Es sei aber auch klar, „dass die Dokumentations- und Meldepflichten den Praxisalltag in dieser angespannten Situation nicht behindern“ dürften. „Wir werden daher in den weiteren Verhandlungen auch über Änderungen von Dokumentationspflichten und Häufigkeit der Testungen in Praxen reden“, kündigte Dittmar an.
Die künftigen Ampelkoalitionäre teilten auf Nachfrage keinen konkreten Zeitplan für eine mögliche Änderungen des IfSG mit. Aus dem Ministerium hieß es auf Anfrage, man erarbeitet derzeit im Auftrag der künftigen Regierungsfraktionen einen Gesetzentwurf, in den auch Klarstellungen zum IfSG aufgenommen werden sollten.
Da man „als Dienstleister der kommenden Regierung“ tätig sei, könne man aber keine Details nennen. Allerdings habe man „in den vorangegangenen Beratungen“ zum Infektionsschutzgesetz vor der Ausdehnung dieser weitreichenden Regelung auf Praxen und Kliniken ausdrücklich gewarnt, sagte eine Sprecherin des Ministeriums.
Die tägliche Testpflicht für Praxispersonal gegen SARS-CoV-2 war bei Ärztevertretern auf heftige Kritik gestoßen. Die Bundesärztekammer (BÄK) hatte sich mit einem Brief direkt an den geschäftsführenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gewandt. Die BÄK rief Spahn darin auf, die Änderung im Paragraf 28 Absatz 2 Infektionsschutzgesetz (IfsG) dringend wieder zu ändern.
Das Infektionsschutzgesetz, das in der vorliegenden Fassung erst kürzlich von SPD, Grünen und FDP im Bundestag verabschiedet worden war, führte auch eine tägliche Antigenschnelltestpflicht für Arbeitgeber, Beschäftigte und Besucher ein – unabhängig davon, ob sie geimpft oder genesen sind. Patienten sind davon zumeist ausgenommen. Die Regel gilt für alle medizinischen Einrichtungen wie Arztpraxen oder Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, die in Paragraf 23 Absatz 3 Satz 1 aufgelistet sind.
Nach dem Infektionsschutzgesetz (Paragraf 28b Absatz 2) kann der tägliche Antigenschnelltest eigenständig ohne Überwachung erfolgen. Alternativ sind zwei PCR-Tests pro Woche möglich. Das Wort „täglich“ ist im Infektionsschutzgesetz zwar nicht direkt zu finden. Das BMG verwies auf Nachfrage aber auf die nationale Teststrategie. Demnach gilt als „gültiger Testnachweis“ ein Antigenschnelltest, der „maximal 24 Stunden alt ist oder ein PCR-Test, der nicht länger als 48 Stunden zurückliegt“.
Die Gesundheitsminister der Länder hatten in der vergangenen Woche vereinbart, die Regelung bundesweit nicht umzusetzen. Sie sezten sich in einem Beschluss für eine Nachbesserung der gesetzlichen Regel ein. Sie riefen den Bund auf, „umgehend klarzustellen“, dass für die immunisierten Beschäftigten genannten Einrichtungen eine Testung von zwei Mal wöchentlich mittels einem vom Arbeitgeber bereitgestellten Antigenschnelltest in Eigenanwendung ausreichend sei, heißt es darin. Das Gesetz sei „umgehend“ zu korrigieren.
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