Medizin

Telemedizinische Beratung verbessert Versorgung bei schweren Infektions­krankheiten

  • Donnerstag, 3. Februar 2022
/sakurra, stock.adobe.com
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Aachen/Münster – Patienten mit schweren Infektionskrankheiten profitieren davon, wenn ihre ambulant oder stationär behandelnden Ärzte in ein digitales Gesundheitsnetzwerk eingebunden sind, das bei Be­darf telemedizinisch unterstützt.

Über entsprechende Ergebnisse des Innovationsfondsprojektes „TELnet@NRW“ berichten Autoren um Gernot Marx in der Fachzeitschrift Journal of Medical Internet Research (2022: DOI: 10.2196/34098). Marx ist Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care des Universitätsklini­kums Aachen und Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfall­medizin (DIVI).

TELnet@NRW ist ein sektorenübergreifendes, digitales Gesundheitsnetzwerk. In den Universitätsklini­ken Aachen und Münster stehen darin Teams aus erfahrenen Ärzten und Intensivpflegekräften angeschlos­senen Kliniken und Praxen zur Seite.

Das Projekt wurde im Rahmen des Innovationsfonds durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gefördert und lief von Januar 2017 bis März 2020. Ziel ist, bei positiven Evaluationsergebnissen und Pro­jekterfahrungen die telemedizinischen Anwendungen sowohl in der Intensivmedizin und Infektio­logie als auch in anderen wichtigen medizinischen Disziplinen in die Regelversorgung zu überführen.

In der jetzt vorliegenden Studienauswertung wurden 148.839 Patienten des ambulanten Bereichs und 10.585 Patienten des stationären Bereichs eingeschlossen. 17 Krankenhäuser und 103 ambulante Ärzte beteiligten sich an der Studie.

Um die Behandlungsqualität zu verbessern, wurde Expertenwissen von Intensivmedizinern und In­fektio­lo­gen in Form von Fortbildungskursen und Expertentelekonsultationen mit 24/7/365-Verfüg­barkeit auf Abruf bzw. 1-Mal pro Woche zur Verfügung gestellt.

Als gemeinsamer primärer Endpunkt für den ambulanten und stationären Sektor legten die Initiatoren die infektiologische und intensivmedizinische Behandlungsqualität fest. Operationalisiert wurde diese als Grad der Umsetzung von zehn Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) im Rah­men der Initiative „Klug entscheiden“.

Sekundäre Endpunkte bildeten unter anderem die Akzeptanz bei Nutzern, die Leitliniencompliance in der Sepsistherapie, die Diagnose und Therapie des Lungenversagens sowie die Reduktion der Sepsis­sterb­lich­keit.

Es zeigte sich ein signifikanter Anstieg der Leitlinieneinhaltung bei der Behandlung von Staphylococcus aureus-Infektionen (OR 4,00 [95% CI 1,83, 9,20], P<.01) und bei der Sepsisbehandlung bei kritisch kran­ken Patienten (OR 6,82 [95% CI 1,27, 56,61], P=.04). Es gab einen statistisch nicht signifikanten Rückgang der sepsisbedingten Sterblichkeit von 28,8 % in der Kontrollgruppe auf 23,8 % in der Interventions­gruppe.

Außerdem war die Ausweitung der Behandlung mit prophylaktischen Antibiotika nach der Operation signi­fikant weniger wahrscheinlich (OR 9,37 [95% CI 1,52, 111,47], P=.04). Patienten, die von ambulan­ten Ärzten behandelt wurden, die regelmäßig an Expertentelekonsultationen teilnahmen, wurden auch eher gemäß den Leitlinienempfehlungen zur Antibiotikatherapie bei unkomplizierten Infektionen der oberen Atemwege (OR 1,34 [95% CI 1,16, 1,56], P<.01) und asymptomatischer Bakteriurie (OR 9,31 [95% CI 3,79, 25,94], P<.01) behandelt.

„TELnet@NRW hat ein umfangreiches sektorenübergreifendes telemedizinisches Netzwerk als neue digitale Gesundheitsstruktur geschaffen, das von den Nutzern in hohem Maße akzeptiert wird, technisch einwandfrei funktioniert und eine statistisch signifikante flächendeckende und messbare Verbesserung der Behandlungs- und Prozessqualität in der Versorgung von Patienten in den Bereichen Infektiologie und Intensivmedizin realisiert hat“, lautet das Fazit der Arbeitsgruppe.

hil

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