TI-Panne: 116.000 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen an Arztpraxis geschickt

Berlin – Bei der Versendung von elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (eAU) in der Telematikinfrastruktur (TI) ist es zu einer erheblichen Panne gekommen. Laut Angaben der Gematik wurden zwischen September und Juni 116.466 Nachrichten, die größtenteils eAU enthielten, fälschlicherweise an eine einzelne Arztpraxis geschickt statt an die zuständige Krankenkasse.
Erst als sich das Systemverhalten änderte und die Praxis ihren Softwareanbieter um Hilfe bat, hatte sie nach Darstellung der Gematik das erhöhte E-Mail-Aufkommen bemerkt. Aufgrund technischer Begebenheiten sei ein großer Teil der über die Anwendung Kommunikation im Medizinwesen (KIM) versendeten Nachrichten erst in den zurückliegenden beiden Monaten zugestellt worden.
Deshalb sei das Problem über einen längeren Zeitraum unerkannt geblieben. Es sei nach aktuellem Kenntnisstand wahrscheinlich, dass die Praxis aus technischen Gründen die fehlgeleiteten E-Mails nicht habe öffnen können, hieß es von der Gematik. Am 30. Juni habe der KIM-Anbieter dann die Gematik über den Fehler in Kenntnis gesetzt.
Eigentlich waren die eAU für die AOK Niedersachsen bestimmt gewesen. Nach Angaben der Gematik war der Grund für die Fehlleitung wahrscheinlich eine fehlerhafte Implementierung in Praxisverwaltungssystemen von einigen Herstellern.
Krankenkassen werden genau wie Arztpraxen auch durch Identifizierungsnummern im Verzeichnisdienst (VZD) in der Telematikinfrastruktur (TI) gekennzeichnet. Allerdings haben demnach einige Praxisverwaltungssysteme keine eindeutige Zuordnung bei der Identifizierung der betroffenen Krankenkasse und der Praxis gewährleistet, was auf eine fehlende technische Implementierung seitens einiger Primärsystemhersteller zurückzuführen gewesen sei.
Um weitere Fehlleitungen von KIM-Nachrichten zur betroffenen Praxis zu unterbinden, sei die KIM-Adresse unmittelbar nach Bekanntwerden des Problems aus dem Verzeichnisdienst entfernt worden. Die Gematik forderte die betroffenen Primärsystemhersteller nun erneut auf, die seit 2022 geltende Prüfpflicht umgehend umzusetzen.
Der Vorgang unterliege zudem besonderen berufsrechtlichen und strafrechtlichen Vorgaben, weil die Weitergabe an einen Berufsgeheimnisträger erfolgte. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) sei über den Vorfall in Kenntnis gesetzt worden und werde im Rahmen weiterer Analysen durch die Gematik informiert.
Trotz der Fehlleitung seien allerdings keine Zugriffe von Unbefugten außerhalb der TI möglich gewesen, versichert die Gematik.
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