Telematikinfrastruktur: Monatspauschalen festgelegt, Sanktionen geplant

Berlin – Die künftigen monatlichen Pauschalen, die Niedergelassene für Anschluss und Betrieb der Telematikinfrastruktur (TI) erhalten, stehen fest. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat diese jetzt selbst festgelegt. Die Neuregelung liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor. Grund war, dass sich zuvor Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband nicht über die Pauschalen verständigen konnten.
Die Gesamtsummen für die TI-Pauschalen würden sich an den Kosten der bisherigen Finanzierungsvereinbarung orientieren, schreibt das BMG. Im Regelfall würden so „weiterhin alle Kosten des Anschlusses und des Betriebs der Telematikinfrastruktur erstattet“. Bei jeder Komponente seien die „technisch vorgegebene Lebensdauer“ berücksichtigt worden.
Grundlage für die Berechnung bilden die angenommenen Erstattungskosten und die Betriebskosten für fünf Jahre. Sie sind in drei Gruppen je nach Größe der Arztpraxis gestaffelt. Eine Praxis mit bis zu drei Vertragsärzten bekommt demnach 6.366,50 Euro an Erstattungsgeldern und 7.900 Euro für laufende Kosten.
Die Gesamtsumme in Höhe von 14.266,50 Euro (bei drei Ärzten) verteilt das Ministerium auf 60 Monate und kommt so zu einer monatlichen Erstattungssumme in Höhe von 237,78 Euro. Diese sollen Arztpraxen, die derzeit noch nicht an die TI angeschlossen sind, erhalten. Der Grund: Zum 1. Juli entfallen die bisherigen vorgesehenen Erstattungspauschalen.
Für Vertragsärzte, die vom 1. Januar 2021 bis 30. Juni 2023 angebunden wurden und bereits eine Erstattung erhalten haben, wird aus den monatlichen Pauschalen die Erstausstattung herausgerechnet. Sie erhalten somit für die ersten 30 Monate ab Juli dieses Jahres monatlich 131,67 Euro. Ab dem 31. Monat soll es dann auch für sie 237,78 Euro geben.
In den Gruppen mit drei bis sechs Ärzten und für Praxen mit mehr als sechs Ärzten gibt es etwas mehr Geld. Demselben Schema folgend erhalten noch nicht angeschlossene Praxen vom 1. Juli an 282,78 (drei bis sechs Vertragsärzte) und 323,90 (mehr als sechs Vertragsärzte). Bereits angeschlossen sind die Summen zunächst für 30 Monate reduziert: 143,29 Euro (drei bis sechs Ärzte) und 151,04 Euro (mehr als sechs Ärzte).
Die monatlichen Summen gelten dem Papier zufolge auch, wenn Laufzeitverlängerungen der Konnektoren greifen – diese also mit neuen Sicherheitszertifikaten versehen werden.
Für Vertragsarztpraxen, bei denen bereits ein Konnektortausch stattgefunden hat oder bis zum 1. Juli stattfindet – und die noch eine entsprechende Erstattung bekommen, greifen andere monatliche Pauschalen. Für 30 Monate bekommen diese gestaffelt 199,45 Euro (bis zu drei Ärzte), 242,78 (drei bis sechs Ärzte) und 282,23 Euro (mehr als sechs Ärzte). Nach 31 Monaten gibt es die Pauschalen, die bislang nicht an die TI angeschlossene Ärzte erhalten.
In allen Fällen soll sanktioniert werden, wenn verpflichtende Anwendungen in der TI nicht vorgehalten werden. Schon im Falle einer fehlenden Anwendung werden die monatlichen Zahlungen deutlich – um 50 Prozent – reduziert. Bei mindestens zwei fehlenden Anwendungen oder fehlender Anbindung an die TI wird keine TI-Pauschale gezahlt.
Zu diesen Anwendungen gehören das Notfalldatenmanagement, der elektronische Medikationsplan, die elektronische Patientenakte (ePA), Kommunikation im Medizinwesen (KIM), die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU), der elektronische Arztbrief sowie ab dem 1. Januar 2024 das elektronische Rezept. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) sollen allerdings für Facharztgruppen, die im Regelfall über keinen Patientenkontakt verfügen, Ausnahmen vorsehen können.
Die KVen rechnen die Gelder quartalsweise über Sammelabrechnungen mit dem GKV-Spitzenverband ab. Dafür soll noch eine bundeseinheitliche Muster-Sammelabrechnung erstellt werden, über die sich GKV-Spitzenverband und KBV verständigen müssen.
Die KBV zeigte sich in einer ersten Reaktion verstimmt. Für Sibylle Steiner, Mitglied des KBV-Vorstands, kommt die Festlegung „sprichwörtlich auf den letzten Drücker“. „Nicht nur, dass wir kaum Zeit haben, die Festlegungen, die ja ab 1. Juli bereits gelten sollen, zu bewerten“, sagte Steiner.
Schlimmer sei, dass die Regelung schon aufgrund ihrer Kurzfristigkeit für die 17 Kassenärztlichen Vereinigungen, die das Ganze umsetzen müssten, „unmöglich zu administrieren“ sei. Es gebe „keine Übergangsfristen“, betonte sie.
Steiner spricht auch von „Sanktionen durch die Hintertür“ durch „überproportional hohe Kürzungen der Pauschalen beim Fehlen einzelner Anwendungen“. Darüber hinaus müssten die Vertragsärzte weiterhin erst in Vorleistung gehen, indem sie die Komponenten zunächst auf eigene Rechnung kaufen und dann darauf hoffen müssen, dass sie innerhalb von fünf Jahren die Kosten erstattet bekommen.
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