TI-Störung: Irritationen um Rücktrittsforderungen an KBV-Vorstand

Berlin – Die Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KV) hat ihrem Ärger über die aktuelle Störung der Telematikinfrastruktur (TI) mit einem Frontalangriff auf die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Luft gemacht. Die KBV reagierte irritiert.
Die Vertreter der VV hatten bereits am vergangenen Mittwoch eine Resolution beschlossen, in der sie den KBV-Vorstand zum Rücktritt wegen der TI-Störung aufriefen. Der KBV-Vorstand „überziehe“ die vertragsärztlichen Praxen in Deutschland seit Jahren mit einer völlig veralteten und störungsanfälligen TI, die gerade in den vergangenen Wochen in großen Teilen ausgefallen sei, heißt es in dem Antrag, der unter anderem vom Chef des Hausärzteverbandes in Baden-Württemberg, Berthold Dietsche, stammt.
Bemängelt wird weiter, dass die TI in „erster Linie“ das Ziel verfolge, Verwaltungsaufgaben der Krankenkassen wie den Stammdatenabgleich oder die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) auf die Praxen zu übertragen, „ohne dass dies auch nur ansatzweise adäquat vergütet wird“. Gleichzeitig würden Ärzte, die aus „berechtigten Datenschutzgründen“ die Installation eines Konnektors ablehnten, mit zunehmend höheren Strafzahlungen belegt.
Verärgert ist die VV vor allem wegen einer Änderung des Bundesmantelvertrags. Diese sieht vor, dass ab dem 1. Januar 2021 die Ausstellung einer AU ausschließlich unter Nutzung der TI vorgeschrieben ist. Das mache es „Praxen ohne Konnektor“ unmöglich, die reguläre vertragsärztliche Betreuung ihrer Patienten fortzuführen, heißt es in der Resolution.
Der Gesetzgeber hat zuletzt klare Regeln und Vorgaben für die Anbindung der Ärzte an die TI gemacht. Das betrifft auch die eAU. Darauf weist auch die KBV in einem Antwortschreiben an die KV Baden-Württemberg hin, welches dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Darin heißt es, die Verpflichtung der Vertragsärzteschaft zur elektronischen AU und das Datum dafür seien nicht durch den Bundesmantelvertrag, sondern durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) festgelegt worden.
Auch habe der Vorstand der KBV die Vertragsärzte „zu keinem Zeitpunkt“ mit einer TI „überzogen“. Richtig sei vielmehr, dass die KBV gemeinsam mit den KVen seit Jahren darauf hinweise, dass nur eine funktionale, datenschutzkonforme und bürokratievermeidende Lösung im Sinne der Versorgung sein könne.
Die KBV habe darüber hinaus gemeinsam mit den KVen durchgehend Position gegen die Übertragung von Kassenaufgaben auf Vertragsärzte Stellung bezogen. Sanktionsregeln enthalte der Bundesmantelvertrag ebenfalls nicht. Das sei Sache der KVen.
In Bezug auf die Störung der TI wies die KBV darauf hin, dass man sich stets dafür eingesetzt habe, dass diese nicht zulasten der Vertragsärzte gehen dürfe. Man setze sich bei der Gematik, die für den Betrieb der TI verantwortlich ist, und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) weiter „ausdrücklich dafür ein, dass gegebenenfalls entstandene Kosten kompensiert werden müssen“.
Die KBV habe in der Vertreterversammlung der Gematik bereits einen Antrag auf volle Kostenübernahme gestellt, der jedoch mehrheitlich abgelehnt worden sei. Die Mehrheitsanteile an der Gematik hält das BMG mit 51 Prozent. Die KBV appelliert daher in dem Schreiben an die KVen zusammenzuhalten.
Da die Befürworter eines Bürokratiezuwachses in der Geschäftsführung der Gematik zu finden seien und der Gesetzgeber Pflichten geschaffen habe, die zu zusätzlichen Schwierigkeiten für die Vertragsärzte führen könnten, glaube man, „dass nur die Vereinigung aller Kräfte im Sinne der Vertragsärzte erfolgversprechend sein kann“. Selbstverständlich gelte dabei, dass von Ärzten nur das gefordert werde, was ihnen auch möglich sei und dass Lösungen für anfallende Kosten gefunden werden müssten.
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