Toxoplasmose könnte neurologische Erkrankungen begünstigen
Riverside – Möglicherweise kann eine Infektion mit dem Parasiten Toxoplasma Gondii die Entstehung von neurodegenerativen Erkrankungen fördern. Grund hierfür könnte ein glutaminerges Übergewicht im ZNS sein. Das berichten Forscher um Emma Wilson von der University of California in PLOS Pathogens (2016; doi: 10.1371/journal.ppat.1005643).
Toxoplasmose ist ein weltweit verbreiteter Parasit, der nahezu jedes Säugetier befallen kann. Menschen stecken sich häufig über Katzen oder den Verzehr rohen Fleisches mit dem Erreger an. Für immunkompetente Erwachsene ist eine Infektion in aller Regel harmlos. Für ungeborene Kinder kann eine akute Infektion der Mutter jedoch verheerende Auswirkungen haben und Gehirn und Augen des Feten irreversibel schädigen.
Zudem gibt es Hinweise dafür, dass Toxoplasmose Verhaltensänderungen beim Menschen hervorruft und zu einer höheren Risikobereitschaft führt. Die Entstehung einiger psychiatrischer Erkrankungen könnte möglicherweise durch den Protozoen begünstigt werden. Der Erreger kann im ZNS jahrelang in zystischen Vesikeln überleben. Weltweit sind etwa 30 Prozent aller Menschen seropositiv, berichten die Forscher.
In ihrer Studie infizierten die Forscher Mäuse mit Toxoplasmose und überwachten über Sonden die extrazelluläre Flüssigkeit im Frontalhirn. Sie stellten fest, dass sich die Glutamatkonzentration im Hirn erhöhte. Normalerweise kontrollieren Astrozyten die Glutamatkonzentration im zentralen Nervensystem und nehmen überschüssige Moleküle auf. Glutamat ist in höherer Konzentration neurotoxisch. Ein Überschuss dieses Neurotransmitters ist unter anderem für Hirnschäden verantwortlich, die nach einem Schlaganfall oder einem Trauma auftreten.
Um den Grund der erhöhten Konzentration festzustellen, untersuchten die Forscher das Expressionsprofil der Astrozyten. Es zeigte sich, dass diese unter anderem weniger Glutamat-Transporter-1 (GLT-1) exprimierten. Dieses Protein ist für den Rücktransport von Glutamat in die Zellen verantwortlich. Durch eine antibiotische Behandlung mit Ceftriaxon gelang es den Wissenschaftlern, die Störung wieder aufzuheben. Das Antibiotikum sorgte dafür, dass GLT-1 wieder in einem normalen Maß exprimiert wurde.
Wie genau Toxoplasmose die Expression des Rezeptors erniedrigt, konnten die Forscher in ihrer Studie nicht klären. Die erhöhte Glutamatkonzentration könnte jedoch theoretisch neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und Schizophrenie begünstigen. Im Rahmen der Studie lasse sich dies jedoch noch nicht konkret beweisen, berichten die Wissenschaftler.
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