Trauerbewältigung: Internetbasierte Therapie statt psychotherapeutischer Beratung

Leipzig – Den Tod eines nahestehenden Menschen durch eine Krebserkrankung können viele Menschen nur schwer verarbeiten. Die Universität Leipzig bietet Betroffenen ein internetbasiertes Therapieverfahren an, das sie bei einer langen und intensiven Trauerreaktion begleitet. Über fünf Wochen erhalten die Teilnehmer Schreibaufgaben, die mit einer persönlichen Therapeutin ausgewertet und schriftlich beantwortet werden. Das Therapieverfahren beruht auf kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlungsansätzen.
Die Internettherapie dauert fünf Wochen. Sie arbeitet verstärkt an den Symptomen und Gedanken, die im Zusammenhang mit der Trauer auftreten. Dafür erhalten Teilnehmer zweimal in der Woche eine strukturierte Schreibaufgabe, welche sie zu Hause zu einem selbst gewählten Termin erledigen. Innerhalb eines Werktags erhalten sie darauf eine Rückmeldung von ihrer persönlichen Therapeutin zusammen mit einer neuen Schreibaufgabe. Darin geht es zunächst um die Auseinandersetzung mit dem schmerzhaften Erlebnis, um im Anschluss eine neue Perspektive auf den Verlust des Angehörigen gewinnen zu können. So sollen die Betroffenen auch ein stärkeres Gefühl von Kontrolle über ihr eigenes Leben zurückbekommen.
Die Wartezeiten auf einen Therapieplatz für eine psychotherapeutische Beratung sind oft lang, die Termine schwer in den Alltag einzubinden. Internetbasierte Psychotherapien hingegen sind leichter zugänglich: Patienten können von zu Hause aus teilnehmen und Aufgaben des Therapeuten erledigen, wenn sie Zeit dafür haben. „Unsere Studien konnten bislang zeigen, dass Internettherapien bei langen, intensiven Trauerreaktionen sehr gut wirken. Sie weisen mit einer ambulanten Psychotherapie vergleichbare Behandlungseffekte auf“, sagt Anette Kersting, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Leipzig.
Für eine neue Studie zur Internettherapie suchen die Forscher nun Hinterbliebene von Menschen mit einer hämatologischen Krebserkrankung wie Leukämie, Lymphome und multiples Myelom. Betroffene können sich für das internetbasierte Therapieverfahren anmelden und Hilfe erhalten, während das Forscherteam den Therapieerfolg mit einem Fragebogen ermittelt. „Wir können so Veränderungen in der Intensität der Trauerreaktion aber auch Veränderungen von begleitenden psychischen und körperlichen Beschwerden registrieren“, erklärt Studienleiterin Kersting.
Das Forschungsprojekt wird an der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Zusammenarbeit mit der Sektion Psychosoziale Onkologie der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie sowie der Abteilung für Hämatologie und Internistische Onkologie am Universitätsklinikum Leipzig unter der Leitung von Kersting und Anja Mehnert durchgeführt. Gefördert wird die Studie von der Deutschen José-Carreras-Leukämie-Stiftung.
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