Trotz formaler Überversorgung auch in Hamburg lange Wartezeiten für psychiatrische Versorgung

Hamburg – Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) hat sich für eine rasche grundlegende Überarbeitung der Bedarfsplanung ausgesprochen. Hintergrund ist ein neuer Bericht zur psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung.
„Obwohl wir eine psychiatrische und psychotherapeutische Versorgungsdichte haben, die man bundesweit kein zweites Mal findet, müssen auch in Hamburg Patienten außerhalb von Kriseninterventionen mehrere Monate auf einen ambulanten Therapieplatz warten“, sagte Prüfer-Storcks. Notwendig sei dringend eine neue Bedarfsplanungsrichtlinie, die nicht die Versorgungssituation der 1990er-Jahre fortschreibe, sondern soziale Situation und Krankheitslast der Bevölkerung berücksichtige. Auch sollte kleinräumiger geplant werden.
Sie schließt sich damit einer Forderung der Psychotherapeutenkammer Hamburg an. Diese hatte im September 2017 ebenfalls gefordert, „Schluss mit langen Wartezeiten – grundlegende Reform der Bedarfsplanung nötig“ – und ebenfalls von Wartezeiten von mehreren Monaten für einen ambulanten Psychotherapieplatz gesprochen.
Prüfer-Storcks kündigte an, dass Hamburg ein Krisentelefon einrichten will, das psychisch kranken Menschen in akuten Notsituationen helfen soll. Darüber hinaus werde es zunächst in Harburg eine verbindliche regionale Kooperation zwischen Krankenhäusern, niedergelassenen Ärzten und Therapeuten, sozialpsychiatrischen Diensten und Einrichtungen sowie den Behörden geben, um schwerst psychisch Kranken wohnortnah individuelle Hilfe zukommen zu lassen.
Dieses Netzwerk soll anschließend in allen Bezirken etabliert werden. Von dieser Vernetzung sollen vor allem Erkrankte mit einem komplexen Hilfebedarf profitieren, also solche, die neben einer psychischen Erkrankung auch körperliche Beeinträchtigungen haben, süchtig und arbeits- oder wohnungslos sind.
Dem Report zufolge verfügt Hamburg über ein dichtes Netz wohnortnaher psychiatrischer Krankenhausabteilungen und Tageskliniken, darunter neun Krankenhausabteilungen für Psychiatrie und Psychotherapie mit 1.621 Betten sowie 29 psychiatrischen Tageskliniken mit 605 Behandlungsplätzen.
Daneben gibt es in der Hansestadt sieben Krankenhäuser mit speziellen Stationen und Tageskliniken für Gerontopsychiatrie sowie fünf Kinder- und Jugendpsychiatrische Abteilungen mit 217 Betten und sieben Tageskliniken mit 74 Plätzen. In der ambulanten Versorgung gab es in Hamburg Ende 2017 laut dem Bericht über 1.200 entsprechend spezialisierte Fachärzte sowie Psychotherapeuten.
„Damit kann die Stadt einen Versorgungsgrad von 160 Prozent bei Psychotherapeuten und 122 Prozent bei Nervenärzten aufweisen“, heißt es in einer Mitteilung der Behörden für Gesundheit und Verbraucherschutz sowie für Arbeit, Soziales, Familie und Integration. Trotz der formalen Überversorgung spricht Prüfer-Storcks von langen Wartezeiten. Genaue Daten dazu finden sich im Bericht allerdings nicht.
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