Tuberkulose: Weniger Neuerkrankungen, aber Warnung vor Geldmangel

Genf – Nach pandemiebedingten Rückschlägen meldet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Fortschritte im Kampf gegen Tuberkulose. Die Zahl erfasster Neuerkrankungen sei im Vorjahr erstmals seit 2020 zurückgegangen. Die Streichung von Hilfsgeldern könnte diesen Trend jedoch wieder zunichtemachen, warnte die UN-Organisation in Genf.
„Der Rückgang der weltweiten Belastung durch Tuberkulose und die Fortschritte bei Tests, Behandlung, sozialer Absicherung und Forschung sind nach Jahren der Rückschläge eine willkommene Nachricht, aber Fortschritt ist noch kein Sieg“, wird Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO, in einer Pressemitteilung zitiert. Die Tatsache, dass Tuberkulose, obwohl sie vermeidbar und heilbar ist, weiterhin jedes Jahr über eine Million Menschenleben fordert, sei einfach unzumutbar.
2024 waren dem Tuberkulose-Bericht der WHO zufolge rund 10,7 Millionen Menschen von Tuberkulose betroffen, etwa ein Prozent weniger als im Jahr davor. Allerdings litten immer noch mehr Menschen an der Infektionskrankheit als 2020 mit 10,3 Millionen Erkrankten. Die Inzidenz ging 2024 gegenüber dem Vorjahr um 1,7 Prozent zurück. Mit 131 Betroffenen pro 100.000 wurde das Niveau von 2020 erreicht.
Dennoch bleiben die Herausforderungen groß: Tuberkulose gehört weiterhin zu den Infektionskrankheiten mit der höchsten Mortalität weltweit. Laut dem Jahresbericht der WHO starben im vergangenen Jahr 1,23 Millionen Menschen an der Infektionskrankheit 2019 waren es noch 1,42 Millionen Todesfälle. Um das von der Weltgemeinschaft gesteckte Ziel zu erreichen, die TB-Epidemie bis 2030 zu beenden, seien weiterhin dringende Maßnahmen erforderlich, heißt es in dem Bericht.
Männer erkranken dem Bericht zufolge häufiger als Frauen. In 5,8 Millionen Fällen (54 Prozent) waren Männer über 15 Jahren betroffen, während 3,7 Millionen Frauen über 15 Jahren an Tuberkulose erkrankten (35 Prozent). In 1,2 Millionen Fällen (elf Prozent) trat die Infektion bei Kindern auf.
Gute Nachrichten aus Europa
In der WHO-Region Europa ist die jährliche Zahl der Tuberkulose-bedingten Todesfälle seit 2015 um 49 Prozent gesunken, wie es hieß. In der Region Afrika wurde mit 46 Prozent ein ähnlicher Rückgang verzeichnet. Die Inzidenzraten fielen um 39 und 28 Prozent.
Zielvorgaben für den Kampf gegen die Krankheit können nach WHO-Angaben jedoch in vielen Regionen nicht erreicht werden. Die überwiegende Mehrheit der Tuberkulose-Fälle (87 Prozent) konzentrieren sich auf 30 Länder, wobei zwei Drittel (67 Prozent) in acht Staaten vorgekommen sind: Indien, Indonesien, die Philippinen, China, Pakistan, Nigeria, die Demokratische Republik Kongo und Bangladesch.
Die Coronapandemie hatte jedoch zu Rückschritten bei Diagnose und Behandlung geführt. Ebenso stagniert die Finanzierung für Vorsorge, Erkennung und Therapie seit 2020. Voriges Jahr standen dafür weltweit 5,9 Milliarden Dollar zur Verfügung – weit entfernt von den 22 Milliarden, die für 2027 angepeilt worden waren.
Die US-Regierung hat Milliarden Dollar an internationalen Hilfsgeldern eingefroren, die auch den Gesundheitsbereich betreffen. Andere Länder planen ebenfalls Einsparungen. Selbst kurzfristige Finanzierungsengpässe könnten Hunderttausende zusätzliche Tuberkulose-Todesfälle zur Folge haben, warnte Tereza Kasaeva, Direktorin der WHO-Abteilung für HIV, Tuberkulose, Hepatitis und sexuell übertragbare Krankheiten.
Modellberechnungen zufolge könnten langfristige Finanzierungslücken bis zu zwei Millionen zusätzlichen Todesfällen und zehn Millionen Neuerkrankungen zwischen 2025 und 2035 führen.
„Wir befinden uns in einer entscheidenden Phase im Kampf gegen Tuberkulose“, sagte Kasaeva. „Kürzungen der Finanzmittel und anhaltende Ursachen der Epidemie drohen die hart erkämpften Erfolge zunichte zu machen, aber mit politischem Engagement, nachhaltigen Investitionen und globaler Solidarität können wir das Blatt wenden und diesen uralten Killer ein für alle Mal besiegen.“
Deutschland hat zuletzt dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria in den kommenden drei Jahren eine Milliarde Euro zugesagt.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: