Typ-2-Diabetes: Sechs Faktoren bestimmen Hypoglykämierisiko

Oakland – Das Risiko von Patienten mit Typ-2-Diabetes, innerhalb des nächsten Jahres eine Hypoglykämie zu erleiden, wird im Wesentlichen von sechs Faktoren beeinflusst. Am stärksten gefährdet sind laut einer Studie in JAMA Internal Medicine (2017; doi: 10.1001/jamainternmed.2017.3844) Patienten, die bereits mehrere Hypoglykämie-Episoden erlitten haben und/oder Insulin injizieren.
Eine unvermittelt auftretende Unterzuckerung kann Gesundheit und Leben von Diabetikern gefährden. Die Gefahr ist bei Patienten mit Typ-1-Diabetes, die immer insulinpflichtig sind, am höchsten. Aber auch Typ-2-Diabetiker können eine Hypoglykämie erleiden, und da ihre Zahl wesentlich größer ist als die der Typ-1-Diabetiker, sind es meistens Patienten mit Typ-2-Diabetes, die wegen einer Hypoglykämie in einer Notfallaufnahme behandelt werden müssen. Dort sind Hypoglykämien für ein Viertel aller durch Medikamente ausgelösten Notfälle verantwortlich.
Die US-Arzneibehörde FDA hat im Rahmen ihrer „Safe Use Initiative“ eine Studie in Auftrag gegeben. Sie sollte einfache Kriterien ermitteln, mit denen besonders gefährdete Patienten erkannt werden können. Ein Team um Andrew Karter vom Forschungsinstitut der Krankenkasse Kaiser Permanente in Oakland hat deshalb in den elektronischen Krankenakten von mehr als 200.000 Patienten mit Typ-2-Diabetes nach möglichen Risikofaktoren gesucht. Insgesamt 156 Variablen wurden mittels Techniken des maschinellen Lernens auf ihre Eigenschaft untersucht, eine Hypoglykämie in den folgenden 12 Monaten vorherzusagen.
Das dabei gefundene „Tool“ wurde dann an den Daten von 1,2 Millionen Versicherten der US-Veteranenbehörde und an 14.972 Versicherten der Krankenkasse Group Health Cooperative validiert.
Herausgekommen ist ein „Tool“, das anhand von sechs einfachen Patienteneigenschaften eine Risikostratifizierung ermöglicht. Die sechs Patienteneigenschaften waren: Die Anzahl der früheren Notfallbehandlungen aufgrund von Hypoglykämien, die Verwendung von Insulin, die Verwendung von Sulfonylharnstoff, eine schwere Nierenerkrankung, die Anzahl der Notaufnahmen aus irgendeinem Grund im vergangenen Jahr sowie das Alter des Patienten.
Das „Tool“ ermöglicht die Einstufung der Patienten in die drei Risikogruppen „hoch“, „mittel“ und „niedrig“. In der Kategorie „hoch“ beträgt die Wahrscheinlichkeit einer Hypoglykämie im kommenden Jahr mehr als 5 Prozent, in der Kategorie „mittel“ sind es 1 bis 5 Prozent und in der Kategorie „niedrig“ weniger als 1 Prozent pro Jahr.
Interessant ist vor allem die Kategorie „hoch“, da hier versucht werden sollte, das Risiko zu minimieren. Dies ist bei Diabetikern durch eine Intensivierung oder Vereinfachung von Therapieplänen, durch die Verordnung von Glukagon-Kits oder durch ein kontinuierliches Glukosemonitoring möglich. Auch eine Schulung von Patienten und ihrem persönlichen Umfeld kann dazu beitragen, das Risiko einer Hypoglykämie zu senken und schwere Komplikationen zu vermeiden.
Nur zwei der sechs Faktoren beschreiben Patienten mit einem hohen Risiko. Gefährdet sind zum einen Typ-2-Diabetiker, die im vergangenen Jahr bereits drei oder mehr Hypoglykämie-Episoden erlitten haben. Zum anderen sind Patienten gefährdet, die Insulin injizieren und die eine oder zwei Hypoglykämie-Episoden im letzten Jahr erlebt haben.
Diese Hochrisikogruppe umfasste in den drei Kohorten 1,5 bis 2,6 Prozent aller Typ-2-Diabetiker, auf die jedoch zwischen 17,7 und 28,6 Prozent aller Hypoglykämien entfielen.
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