Politik

U-Untersuchungen: Thüringen will nicht zurück zu Einladungssystem

  • Montag, 15. September 2025
U-Untersuchung Kinder Kinderarzt
/Ralf Geithe, stock.adobe.com

Erfurt – Die Brombeer-Landesregierung in Thüringen will daran festhalten, dass keine staatlichen Einladungsschreiben zu Vorsorgeuntersuchungen für Kinder mehr verschickt werden. Das noch unter der rot-rot-grünen Vorgängerregierung abgeschaffte Einladungssystem solle nicht wieder reaktiviert werden, sagte Sozialministerin Katharina Schenk (SPD).

Nach Abwägung der Ergebnisse einer Umfrage unter den Jugendämtern sei ein Fortführen dieses Verfahrens nicht zielführend. „Über die Krankenkassen gibt es bereits zusätzliche Maßnahmen, unter anderem über Bonusprogramme und Kostenübernahmen für Kinderuntersuchungen“, sagte Schenk.

In Thüringen galt bis Ende 2023 ein eigenes Früherkennungsgesetz. Es verfolgte das Ziel, Familien mit Kindern zu Früherkennungsuntersuchungen (U-Untersuchungen) zu bewegen. Damit war die Hoffnung verbunden, bei solchen Untersuchungen Fälle zu erkennen, in denen das Wohl von Kindern gefährdet sein könnte – etwa durch Mangelernährung, Vernachlässigung, aber auch Missbrauch.

Ein Vorsorgezentrum für Kinder, das zum Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz gehörte, verschickte die Einladungen zu solchen Untersuchungen und im Bedarfsfall auch noch Erinnerungsschreiben.

Nach Daten des Sozialministeriums waren auf Grundlage dieses Gesetzes im Jahr 2023 etwa 90.000 Schreiben in ganz Thüringen erstellt worden, etwa 40.000 Erinnerungsschreiben wurden damals versendet. Den Jugendämtern wurden dann etwa 5.500 Fälle gemeldet, in denen Familien die U-Untersuchungen nicht wahrgenommen hatten.

Allerdings gab und gibt es keine gesetzliche Pflicht, sein Kind bei einer solchen Untersuchung vorzustellen. Manchmal war die Nichtteilnahme an einer solchen Untersuchung aber als Hinweis gewertet worden, dass eine Kindeswohlgefährdung vorliegen könnte.

Eine Sprecherin des Sozialministeriums sagte, die Erfahrungen der Jugendämter hätten gezeigt, dass das Einladungs- und Erinnerungssystem fehleranfällig gewesen sei. Bescheinigungen über erfolgte Untersuchungen seien etwa nicht rechtzeitig ausgestellt worden oder verloren gegangen.

Manche Kinder seien zwar nicht zu U-Untersuchungen gegangen, dafür aber in ärztlicher Dauerbehandlung und die U-Untersuchungen somit nicht nötig gewesen. Das habe zu vielen Fehlmeldungen an die Jugendämter geführt, was einen hohen Rechtfertigungsdruck auf die dortigen Mitarbeiter ausgelöst habe, wenn diese dann die entsprechenden Familien kontaktiert hätten, wie sich in einer Umfrage unter den Jugendämtern gezeigt habe.

„Auch durch den Wohnortwechsel von Familien liefen in der Vergangenheit Einladungen und Terminverfolgungen immer wieder ins Leere und verursachten Fehlmeldungen an die Jugendämter“, sagte die Ministeriumssprecherin. Die Familien, bei denen die Jugendämter einen Unterstützungsbedarf sähen, seien den Behörden unabhängig vom Einladungsverfahren zu den Untersuchungen in der Regel bekannt.

„Im Rahmen der Auswertung der Ergebnisse dieser Befragung war festzustellen, dass das mit dem Gesetz verfolgte Ziel im Wesentlichen nicht erreicht werden konnte“, so das Fazit aus dem Ministerium.

Statt auf ein weiteres eigenes Einladungs- und Erinnerungssystem zu Früherkennungsuntersuchungen zu setzen, hofft das Land nach Angaben des Ministeriums, dass schon bestehende Systeme der Krankenkassen dazu führen, dass möglichst viele Familien ihre Kinder zu den U-Untersuchungen vorstellen.

Weil einzelne Kassen Früherkennungsuntersuchungen in ihre Bonusprogramme aufgenommen hätten, gebe es über diesen Weg einen zusätzlichen Anreiz für Familien, diese Angebote anzunehmen, hieß es aus dem Ministerium.

dpa

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