Übergewicht: Bei Schulanfängern leicht rückläufig

Bonn – Die Zahl der Übergewichtigen nimmt in Deutschland weiterhin zu. Fast 60 Prozent der Männer und 37 Prozent der Frauen sind übergewichtig. Unter Berufstätigen ist das Dicksein heutzutage so weit verbreitet, dass es keine Ausnahme mehr darstellt, sondern den Normalzustand. Ein positiver Trend zeichnet sich hingegen bei Kindern ab, die eingeschult werden. In dieser Altersgruppe nahmen fast in allen Bundesländern mit zwei Ausnahmen die Prävalenzen leicht ab. Die DGE-Qualitätsstandards setzt derzeit dabei nur etwa jede dritte Kita um. Zu diesem Schluss kommt der 13. Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), der unter anderem auf Daten des Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes und Schuleingangsuntersuchungen basiert.
In den 1990er-Jahren bis 2004 nahm der Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder in der Einschulungsphase deutlich zu. Erfreulicherweise verlangsamte sich der Trend in den folgenden Jahren. Inzwischen konnte in nahezu allen Bundesländern eine Abnahme der Prävalenz festgestellt werden, teilt die DGE in ihrem Bericht mit.
Derzeit liegt der Anteil übergewichtiger Kinder je nach Bundesland zwischen 8,2 Prozent und zwölf Prozent, darunter waren zwischen 2,8 Prozent und 5,3 Prozent adipös. Den geringsten Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder haben Baden-Württemberg und Bayern. Nur in Sachsen-Anhalt nahmen die Prävalenzen für Überwicht und Adipositas leicht zu, in Hessen stagnierten die Prävalenzen. Die Daten stammen aus den Schuleingangsuntersuchungen bis 2013.
Laut DGE könnten vor allem die gestiegene Problemwahrnehmung und die damit einhergehenden ernährungspolitischen Maßnahmen zu dieser Entwicklung beigetragen haben. So starteten vor gut zehn Jahren auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene zahlreiche Initiativen im Bereich Kita- und Schulverpflegung (beispielsweise In-Form, Schule plus Essen, bzga-kinderuebergewicht.de), zudem wurden die DGE-Qualitätsstandards eingeführt.
Genau diese Standards stehen jedoch derzeit unter Kritik. Der Vorsitzende der Deutschen Akademie für Präventivmedizin (DAPM), Johannes Scholl, sprach sich gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ) gegen einen „Freibrief für kohlenhydratreiche Kost“ in Kitas und Schulkantinen aus. Das Maß aller Dinge, an dem sich Schulen und Kitas bei der Verpflegung orientieren, soll der Leitfaden Prävention des GKV-Spitzenverbandes sein. Dieser steht derzeit ebenfalls unter Kritik seitens der DGE.
Unabhängig von der aktuellen Debatte um die Qualitätsstandards ist auch die DGE der Meinung, dass das Niveau des Übergewichts im Kindes- und Jugendalter trotz positiven Trends noch zu hoch sei. Anlass zur Entwarnung sei daher nicht gegeben. Repräsentative Daten für Deutschland zu übergewichtigen Kindern aus dem Jahr 2016/2017 werden aus der im Rahmen des Gesundheitsmonitorings durchgeführten Fortsetzung der „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ (KiGGS) erwartet.
Verpflegung an Kitas folgt selten den DGE-Qualitätsstandards
Kapitel zwei des Berichts beschäftigt sich mit einer Studie, die die aktuelle Verpflegungssituation in Kitas abbildet. Dafür haben Mitglieder der DGE bundesweit eine schriftliche Befragung von 1.408 Kitas ausgewertet und bei etwa jeder zweiten den Vier-Wochen-Speiseplan auf Basis der DGE-Qualitätsstandards analysiert. Über einen Zeitraum von zehn Tagen erfassten die Autoren zudem die Rezepturen von 225 Kitas und führten bei 40 eine chemische Analyse des Essens durch.
Ein Großteil der Kitas hatte eine eigene Küche zur Vorbereitung der Mahlzeiten. Mehr als die Hälfte verfügte über eine Haushaltsküche. Jede fünfte Einrichtung hatte eine Küche mit wenigen Großküchengeräten zum Erhitzen von Speisen, während etwa 16 Prozent über eine voll ausgestattete Küche mit Großküchengeräten verfügten, heißt es im Ernährungsbericht. Insgesamt dominierte in der Stichprobe das Verpflegungssystem der Warmverpflegung. Immerhin jede dritte Kita bereite die Mahlzeiten frisch vor Ort zu. Eigene Süßigkeiten durften die Kinder in 62,7 Prozent der befragten Einrichtungen nur zu besonderen Anlässen mitbringen.
Jede dritte Kita folgte einem dokumentierten Verpflegungskonzept, was in geringem Maße mit der Umsetzung der DGE-Qualitätsstandards einherging. Diese setzten 36,6 Prozent der Kitas nach eigenen Angaben um. Die Ursache konnte entweder Nichtwissen sein, viele wichen aber auch ab, um das saisonale Angebot nutzen zu können, die Geschmacksvorlieben der Kinder zu berücksichtigen, ebenso wie Allergien, Intoleranzen, vegetarische Essgewohnheiten oder kulturelle Besonderheiten, die durch den muslimischen oder christlichen Glauben zustande kommen.
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