Politik

Unabhängige Patientenberatung: Erneuter Vorstoß für Neustart, Zeitfenster schließt sich

  • Mittwoch, 20. September 2023
/picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Markus Schreiber
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Berlin – Der Startschuss für den Arbeitsbeginn der neuen Stiftung Unabhängige Patientenberatung (UPD-Stiftung) sollte um ein Jahr geschoben werden. Dafür spricht sich die Linksfraktion im Bundestag in einem neuen Antrag aus, der morgen am späten Abend im Parlament beraten werden soll.

Die Linken bemängeln darin handwerkliche Fehler der Regierung. Der Aufbau der Stiftungsstruktur sei durch Koali­tionsstreit und fehlende Umsetzung des Gesetzes so weit verhindert worden, dass an eine lückenlose Weiter­führung der Beratung ab 1. Januar 2024 nicht mehr zu denken sei, monieren sie.

Es müssten „dringend die Notbremse gezogen und die Fristen für den Stiftungsaufbau sofort verlängert wer­den“. Nur so könnten das Versagen von Koalition und Bundesregierung bei der Neustrukturierung der UPD be­helfsmäßig ausgebügelt und der Zusammenbruch der Beratung sowie das Scheitern der wichtigen Patienten­​stif­tung abgewendet werden.

Zuletzt hatte die Union im Bundestag einen Antrag eingebracht, der sich für eine einjäh­rige Übergangs­lösung ausspricht. Ziel müsse es sein, Zeit zu gewinnen, um die UPD-Stiftung aufzubauen und zu­gleich den Beratern der bisherigen UPD eine ver­lässliche Weiterbeschäfti­gungs­perspektive zu bieten. Der Antrag der Union wird ebenfalls morgen im Parlament abgehandelt, aber nicht beraten.

Im Antrag rufen die Linken die Bundesregierung konkret dazu auf, sofort einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Frist zur Aufnah­me der Beratungstätigkeit auf den 1. Januar 2025 verschiebt. Die Forderung impliziert nach Informationen des Deutschen Ärzte­blattes, dass die derzeitige UPD ihre Tätigkeit noch um ein weiteres Jahr ausüben soll – wie es auch die Union verlangt. Explizit erwähnt ist das in dem Antrag der Linke nicht.

Darüber hinaus müssten den Beschäftig­ten der derzeitigen Unabhängigen Patientenberatung (UPD) „alle um­setzbaren Zusicherungen für eine Be­schäftigung“ bei der neuen UPD-Stiftung gegeben werden, um „damit wertvolles Knowhow zu halten“.

Auch müsse der Bund gesetzlich die aktuelle Fehlkonstruktion der Patientenstiftung „heilen“ und eine Steuer­finanzierung der UPD-Stiftung und damit eine institutionelle Unabhängigkeit der UPD vorsehen, heißt es in dem Antrag der Linksfraktion weiter. Sie sprach von einem „Geburtsfehler“ bei der künftigen Finanzierung der Stiftung. Die Gründe lägen offenbar in der Haushaltspolitik. Der GKV-Spitzenverband selbst habe eine Steuer­finanzierung für die UPD gefordert.

Derzeit ist vorgesehen, dass die UPD-Stiftung aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversi­cherung (GKV) be­zahlt wird. Die hat sich in einer Satzung erhebliche Mitspracherechte unter anderem auf den Haushalt der Stiftung zu­gesichert. Es schwelt ein Streit darüber, wie unabhängig eine neue UPD-Stiftung unter diesen Um­ständen noch sein kann. Die UPD berät Patienten auch bei Problemen mit den Krankenkassen.

Die Opposition ist empört, Patientenorganisationen haben unter diesen Umständen ihre weitere Mitarbeit in­frage gestellt, die Regierung kann kein Problem erkennen. Sie geht weiter davon aus, dass zum 1. Januar 2024 die UPD-Stiftung beraten können wird.

Zeitfenster für Übergangslösung schließt sich

Das Zeitfenster, in dem noch eine Übergangslösung möglich ist, schließt sich. Die derzeitige UPD gGmbH, eine Tochtergesellschaft von Sanvar­tis, befindet sich in der Abwicklung. In diesen Tagen haben die Mitarbei­ter ihre Kündigungen erhalten, wie das Deutsche Ärzteblatt heute aus gut informierten Kreisen erfuhr.

Die UPD gGmbH und Sanvartis haben dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) allerdings mitgeteilt, dass sowohl die Kündigungen der Mitarbeiter als auch der sonstigen Verträge noch bis etwa zur ersten Okto­berwoche rückgängig gemacht werden könnten.

Sie haben sich bereit erklärt, für einen Übergang von neun Monaten und drei Monaten Abwicklung ihre Arbeit bis Ende 2024 fortzusetzen. Dem Ministerium soll schriftlich ein entsprechendes Schreiben vorliegen, erfuhr das Deutsche Ärzteblatt.

Die neue UPD-Stiftung ist noch nicht gegründet. Die Stiftungssatzung, die der GKV-Spitzenver­band mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) erstellt hat, liegt seit dem 15. September bei der Stiftungsauf­sicht der Berliner Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz. Das bestätigte die Senatsverwaltung dem Deutschen Ärzteblatt heute auf Anfrage.

„Die Entwürfe sind von einem Bevollmäch­tigten des GKV-Spitzenverbandes eingereicht worden“, erklärte eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz. Die Entwürfe befänden sich „gegen­wärtig in Prüfung“. Wie lange es dauert, bis die Stiftung genehmigt ist, ist unklar.

Die Sprecherin betonte, die Dauer der Aner­ken­nungsverfahren sei „stets einzelfallabhängig“ und entziehe sich daher „einer verallgemeinernden Aussa­ge“. Bei Vorliegen anerkennungsfähiger Errichtungsunterlagen erfolge die Anerkennung als solches „kurzfristig“. Es sei bekannt, dass die Stiftung ihre Informations- und Beratungs­tätigkeit zum 1. Januar 2024 aufnehmen solle, erklärte sie.

Interne Kreise können sich vorstellen, dass die Berliner Stiftungsaufsicht das Verfahren um die UPD-Stiftung vorziehen könnte, damit zum 1. Januar 2014 die Hülle für eine neue Stiftung steht. Arbeitsfähig wäre die neue UPD-Stiftung zum Jahresanfang damit aber noch nicht.

may/bee

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