Ungünstige Bedingungen am Arbeitsplatz können Suizidrisiko erhöhen

München – Eine starke körperliche Belastung am Arbeitsplatz, aber auch eine Störung des Tag-Nacht-Rhythmus, wie er bei Schichtarbeit auftritt, können die Psyche belasten. Eine Folge könnte ein erhöhtes Suizidrisiko sein, wie eine prospektive Beobachtungsstudie im Journal of Psychiatric Research (2014; 57: 90-95) ergab.
Frühere Studien hatten gezeigt, dass ungünstige Arbeitsbedingungen Depressionen und andere psychischen Erkrankungen auslösen können. Eine mögliche Folge ist ein erhöhtes Suizidrisiko, dem Forscher des Helmholtz Zentrums München jetzt in einer Analyse der MONICA/KORA Kohortenstudie aus den 80er- und 90er-Jahren nachgingen. Die Studien waren ursprünglich den Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nachgegangen, die auch in den Arbeitsbedingungen vermutet wurden. Die 6.817 Teilnehmer hatten deshalb Fragebögen zu ihrer Belastung am Arbeitsplatz ausgefüllt.
In den folgenden 12,6 Jahren begingen 28 Teilnehmer einen Suizid. Das Team um Karl-Heinz Ladwig vom Helmholtz Zentrum München hat in den Antworten dieser Personen zu den Arbeitsbelastungen nach möglichen Erklärungen gesucht. Ergebnis: Ein hohes Ausmaß an chrono-biologisch und körperlich belastenden Arbeitsbedingungen wie beispielsweise Überstunden, Wechselschichten, Akkordarbeit, Lärm oder Schadstoffe erhöhte das Risiko für einen Suizid um das fast Dreifache.
Ursprünglich hatten die Forscher eine Hazard Ratio von 3,28 ermittelt, diese dann aber nach Berücksichtigung anderer möglicher Risikofaktoren wie Single-Dasein, niedriges Ausbildungsniveau, Rauchen und einen hohen Alkoholkonsum auf 2,73 gesenkt. Die Assoziation blieb aber statistisch signifikant, was für Ladwig die Frage aufwirft, ob Verbesserungen im Arbeitsumfeld, insbesondere hinsichtlich chrono-biologisch oder körperlich belastender Bedingungen, eine wertvolle Strategie im Hinblick auf die Vermeidung von suizidalen Handlungen von Arbeitnehmern sein könnten.
Hintergrund für den gezeigten Zusammenhang könnte sein, dass eine Tätigkeit unter dauerhaft chrono-biologisch oder körperlich belastenden Arbeitsbedingungen Gefühle von Hoffnungslosigkeit und Resignation bis hin zu „Sich aufgeben“ fördern können, was längerfristig mögliche suizidale Handlungen begünstigen könnte. Psychosozial belastende Arbeitsbedingungen oder beruflicher Stress hatten in der Studie übrigens keinen oder nur einen geringen Einfluss auf das Suizidrisiko.
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