Unterschiedliche Bewertung von Chancen und Risiken des Genome Editing

Berlin – Mit der CRISPR/Cas9-Technologie hat eine neue Ära des Eingriffs in das Genom begonnen. Darin waren sich die Teilnehmer der durch Novartis organisierten virtuellen Diskussionsveranstaltung „Genom Editing – Schere zwischen Fortschritt und ethischen Grenzen?“ einig.
Doch während Brigitte Schlegelberger, Direktorin des Instituts für Humangenetik der Medizinischen Hochschule Hannover und Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik (GfH), die vielfältigen Chancen des Genome Editing bei der Bekämpfung bisher unheilbarer Erbkrankheiten betonte, warnte Harald Ebner, Bundestagesabgeordneter der Grünen und Sprecher für Gentechnik- und Bioökonomiepolitik sowie für Waldpolitik, vor einem unregulierten Umgang mit neuen gentechnischen Verfahren.
Generell lässt sich mit Genome Editing das Erbgut von Pflanzen, Tieren und Menschen schnell und kostengünstig verändern. Es gilt jedoch, gesellschaftlich Nutzen und Risiken abzuwägen – insbesondere im Hinblick auf die Forschung beim Menschen.
Mittlerweise ist es Konsens, dass gemeinsam mit der Öffentlichkeit geklärt werden soll, welche Anwendungsgebiete man den Menschen nicht vorenthalten darf und welche es zu verhindern gilt, weil sie die Menschenwürde verletzen würden.
„Wir müssen die Chancen nutzen, die uns insbesondere das somatische Genom Editing bietet“, sagte Schlegelberger. Dabei verwies sie auf viele monogene Erkrankungen – wie beispielsweise die Familiäre Leukämie-, die im Einzelfall zwar selten seien, aber insgesamt vier Millionen Deutsche und 30 Millionen Menschen in der Europäischen Union betreffen würden. Häufig fielen sie bereits im Kindes- und Jugendalter auf.
„Wir sollten in Deutschland jetzt die Grundlagen erarbeiten, um Eltern diese neuen Therapiemöglichkeiten nicht vorzuenthalten“, betonte die Humangenetikerin. Dazu müssten auch die Regularien vereinfacht werden.
Harald Ebner forderte dagegen eine strenge Regulierung neuer Gentechnik-Methoden wie CRISPR/Cas9-Technologie. „Neben den Chancen müssen auch die Risiken realisiert werden“, sagte er. Denn eine hundertprozentige Sicherheit der Methoden werde man nie erreichen. Mit Crispr/Cas werde direkt in die DNA eingegriffen, betonte Ebner.
Dies könne erhebliche unerwartete Folgen haben, so der Politiker, und zwar nicht nur in der Humangenetik, sondern auch in der Pflanzenzüchtung. Das EuGH-Urteil von 2018 begrüße er deshalb. Es habe klargestellt, dass auch mit neuen gentechnischen Verfahren hergestellte Pflanzen unter die Gentechnik-Gesetzgebung der EU fallen und ein Zulassungsverfahren mit Risikobewertung durchlaufen müssen.
„Die Freisetzung von veränderten Organismen ist nicht ohne Risiko“, warnte der Grünen-Politiker. Deshalb seien auch künftig mehr Investitionen im Bereich der Risikoforschung nötig. Schlegelberger verwies dagegen erneut auf die Chancen: „Wir müssen verantwortlich mit den neuen Techniken umgehen, dürfen uns aber nicht von Angst leiten lassen“, erklärte sie. „Wir müssen die Chancen sehen und auch nutzen.“
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