Vermischtes

Urteil: Kinderwunschzentrum muss keinen Unterhalt bezahlen

  • Donnerstag, 4. August 2016

Hamburg – Ein Hamburger Kinderwunschzentrum muss keinen Unterhalt für ein Mädchen bezahlen, das aus einer künstlichen Befruchtung hervorgegangen ist. Das Landgericht Ham­burg wies heute die Klage eines Mannes zurück, der dem Zentrum vorgeworfen hatte, die Unterschrift unter Einverständniserklärungen nicht geprüft zu haben (Az.: 316 O 318/15). Der Kläger-Anwalt will die Entscheidung anfechten.

Tatsächlich habe nämlich seine damalige Frau die Unterschriften gefälscht. Das Gericht entschied jedoch, das Kinderwunschzentrum habe nicht fahrlässig gehandelt. Die Ent­scheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Der zeugungsunfähige Mann hatte zu Beginn der Behandlung im Juli 2008 sein Einver­ständnis zu einer künstlichen Befruchtung seiner Frau mit Fremdsamen erklärt. Im Laufe der Zeit gab es rund zehn Behandlungen. Bei der letzten im März 2010 war der Mann selbst anwesend. Im Dezember des Jahres brachte die Frau ein Mäd­chen zur Welt. Seit­dem zahlt der Mann seiner inzwischen von ihm geschiedenen Frau Unterhalt fürs Kind.

Sein Mandant habe in dieser Zeit der Befruchtungsversuche einen Nervenzu­sammen­bruch erlitten, sagte der Berliner Anwalt Jörg Heynemann. Die Versuche der künstlichen Befruchtung – Experten sprechen auch von „assistierter Reproduktion“ – hätten den Mann seelisch stark belastet. Er habe seiner Frau gesagt, dass er mit weiteren Behand­lungen nicht einverstanden sei.

Tatsächlich hatte die Frau nach Gerichtsangaben 2009 und 2010 vier Formulare der Klinik mit seinem Namen unterschrieben. Ein Ermittlungsverfahren wegen dieser ge­fälsch­ten Unterschriften hatte die Staatsanwaltschaft eingestellt. Strittig sei, ob die Frau die Unterschriften mit Einverständnis des Mannes geleistet habe, heißt es in dem Urteil.

Unabhängig davon habe die Klinik aber nicht gegen die Pflicht verstoßen, das Einver­ständnis einzuholen. Der Mann habe schließlich nie seine ursprüngliche Einverständnis­er­klärung zurückgezogen. Nach zehn Behandlungen habe sie auch davon ausgehen können, dass dieses Einverständnis weiterhin vorliegt.

Bundesweit gibt es nach Angaben des Bundesverbands Reproduktionsmedizinscher Zentren (BRZ) mehr als 130 Kinderwunschzentren. 2014 wurden im IVF-Register (In-vi­tro-Fertilisation) rund 88.000 Behandlungen erfasst. Der Bundesverband betonte: „Nach unserem Kenntnisstand kommt es in Deutschland aufgrund der strengstens regulierten Arbeitsabläufe sehr selten zu juristischen Auseinandersetzungen zwischen Patientenpaar und einem Zentrum.“­­

dpa

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