USA melden ersten schweren Krankheitsverlauf von Vogelgrippe

Washington – Erstmals ist in den Vereinigten Staaten ein schwerer Verlauf von hochpathogener Vogelgrippe bei einem Menschen bekannt geworden. Die Person wird aufgrund dessen im Krankenhaus behandelt.
Die Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) gab den Fall aus dem US-Bundesstaat Louisiana gestern bekannt, machte jedoch keinerlei Angaben zu Symptomen sowie Alter, Geschlecht und Zustand des Patienten.
Die Person soll Kontakt zu erkrankten und toten Vögeln aus privater Haltung gehabt haben. Eine solche Verbindung hatte bisher bei keinem der bisher in den USA erfassten Vogelgrippeinfektionen bei Menschen gegeben. Diese standen größtenteils mit kommerziellen Rinder- und Geflügelhaltungen in Verbindung.
Wie US-Medien unter Berufung auf Behörden in Louisiana berichten, soll es sich um eine Person über 65 Jahren handeln, die wegen Vorerkrankungen zur Influenza-Risikogruppe zähle. Der Zustand sei kritisch und es liege eine schwere Atemwegserkrankung vor.
Aufgefallen ist die Art der Erkrankung durch die nationale Influenza-Surveillance. Insgesamt sind in den USA in diesem Jahr bislang 61 Vogelgrippefälle bei Menschen detektiert worden, die größtenteils mild verliefen. Im US-Bundesstaat Missouri war kürzlich bereits ein Infizierter im Krankenhaus behandelt worden, bei dem aber Grunderkrankungen die Hauptursache gewesen sein sollen.
Der aktuelle Fall in Louisiana geht den CDC zufolge wohl auf ein Virus zurück, das bei Wildvögeln zirkuliert: Klade 2.3.4.4b/Genotyp D.1.1. Vollständig sei das Virusgenom aber noch nicht entschlüsselt.
Kürzlich hatte sich ein zuvor gesunder Teenager aus Kanada ebenfalls damit infiziert und war schwer erkrankt. Das Deutsche Ärzteblatt berichtete. Bei dem Erreger, der sich bei Hunderten Milchkuhherden in den USA ausgebreitet hat, handelt es sich hingegen um Genotyp B.3.13.
Die CDC wertet die aktuelle Beobachtung angesichts der Erkenntnisse zu H5N1 aus anderen Ländern und der Vergangenheit nicht als überraschend. Erfasst wurden dabei bisher viele schwere Erkrankungen und Todesfälle. Angesichts dessen waren für Fachleute eher die bislang milden Verläufe in den USA ebenso verwunderlich wie erfreulich.
Viele offene Fragen zur Krankheitsschwere
Es gibt dazu unterschiedliche Erklärungsansätze: Womöglich hänge es mit dem Infektionsweg zusammen. Bei Arbeitern in Milchviehbetrieben können das zum Beispiel Spritzer von Milch infizierter Tiere sein, die ins Auge gelangen. Ein häufig berichtetes Symptom war Konjunktivitis.
Nach der schweren Erkrankung des Teenagers in Kanada hatte es aber auch Vermutungen gegeben, dass Erwachsene möglicherweise deshalb milder erkrankten, weil sie im Unterschied zu Kindern und Jugendliche einen besseren Immunschutz durch vorherige Influenzainfektionen aufgebaut haben könnten.
Unabhängig davon könnte die Krankheitsschwere beispielsweise auch mit Eigenschaften speziell der Klade 2.3.4.4b zu tun haben. Die CDC betonen weiterhin, dass bisher keine Mensch-zu-Mensch-Übertragung von Vogelgrippe erkennbar sei. Das Risiko für die Bevölkerung wird weiter als niedrig eingeschätzt.
USA bauen nationales Testprogramm auf
Erst kürzlich hat das US-Landwirtschaftsministerium begonnen, ein Testprogramm für Rohmilchproben aufzuziehen, um dem Virus besser auf die Spur zu kommen. Bisher sind 13 Bundesstaaten beteiligt, nach und nach sollen weitere folgen. Die Teilnahme ist verpflichtend.
„Diese erweiterte Testreihe ist nur ein Teil unserer breit angelegten Strategie zur Eindämmung und letztendlichen Eliminierung des Virus im nationalen Milchviehbestand“, hieß es. Verstärkte derartige Bemühungen hatten Fachleute schon vor Monaten gefordert, auch weil sich manche Landwirte bisher Tests verweigert hatten.
Während sich US-Journalisten im gestrigen Pressegespräch mit US-Behördenvertretern über das Timing des Testprogramms wunderten und nach der Rolle der kürzlich vollzogenen Präsidentschaftswahl fragten, argumentierten diese mit neuen Erkenntnissen: dem Aufkommen etwa des Genotyps D.1.1, der Zunahme der Fälle bei Menschen und wachsenden Hinweisen darauf, dass das Virus in der Milch schon nachweisbar sei, bevor Kühe Krankheitsanzeichen entwickeln.
Größter US-Milchproduzent Kalifornien ruft Notstand aus
Unterdessen hat Kalifornien gestern einen Ausnahmezustand wegen Vogelgrippe ausgerufen. Dort sind seit dem Spätsommer bereits Hunderte Herden betroffen, auch gut die Hälfte der bisher gezählten Infektionen bei Menschen ereignete sich dort.
Als Anlass für den Schritt wurden Virusnachweise in Kuhherden auch im Süden des Bundesstaates genannt. Dies zeige, dass die Überwachung weiter ausgebaut werden müsse und es einen koordinierten landesweiten Ansatz zur Eindämmung und Bekämpfung der Ausbreitung brauche.
Eine Erkrankung bei einem Kind in Kalifornien, das mit H5N1 kontaminierte Rohmilch konsumiert hatte, konnte den CDC zufolge nicht als Vogelgrippeinfektion bestätigt werden. Es war mit Fieber und Erbrechen in eine Notaufnahme gebracht worden. Ein erster Test fiel positiv auf Influenza A aus.
Allerdings scheiterten weitere Spezifizierungsversuche, was wohl am geringen Virusgehalt in der Probe gelegen habe, berichtete das Fachmedium Stat kürzlich. Daher werde das Kind nur als Verdachtsfall gezählt.
Es wäre der erste H5N1-Fall beim Menschen in Verbindung mit Rohmilch gewesen, von deren Konsum die US-Behörden schon länger dringend abraten. In Rohmilch infizierter Kühe waren sehr hohe Virusmengen gefunden worden.
Der als künftiger US-Gesundheitsminister vorgesehene Robert F. Kennedy Jr. hingegen ist ein Fürsprecher von Rohmilch. Wie er und der kommende US-Präsident Donald Trump ab 2025 mit dem Thema umgehen werden? H5N1 werde sicherlich in den bevorstehenden Gesprächen zur Sprache kommen, hieß es gestern von den Behördenvertretern.
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