Ärzteschaft

Verband kritisiert Wettbewerbsvorteile der Krankenhäuser in der Versorgung psychisch und neurologisch kranker Patienten

  • Freitag, 21. September 2018
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Berlin – Der Spitzenverband ZNS fordert „strukturelle und substanzielle Lösungen" für die Versorgung von immer mehr Patienten mit Erkrankungen des zentralen Nerven­systems (ZNS), also aus dem psychischen, psychosomatischen und neurologischen Bereich. Dazu gehöre zum einen eine bessere Honorierung der sprechenden Medizin: „Die Fächer mit einem hohen technischen Durchsatz gehören zu den Spitzen­verdienern, während Psychiater, psychosomatisch tätige Ärzte, Neurologen und Nervenärzte am unteren Ende der Einkommensskala liegen", erklärte Uwe Meier, Präsident des Spitzenverbandes ZNS (SpiZ) am Donnerstag vor Journalisten in Berlin. Zudem hätten die Krankenhäuser in vielerlei Hinsicht Wettbewerbsvorteile, die Niedergelassenen könnten dabei nicht mithalten. Langfristig führe dies zum Verlust an ambulanten wohnortnahen Strukturen, kritisierte er.

„Die Zitrone ist ausgequetscht"
​„Die einzige Lösung der Politik, beispielsweise mit dem Terminservice- und Versorgungs­­gesetz, ist es, noch mehr Druck auf die Ärzte auszuüben, um mehr Termine anzubieten. Doch die Zitrone ist ausgequetscht“, sagte Meier. Die Wartezeiten würden dadurch nicht geringer werden. Auch eine „überlastende Bürokratie" hindere die Ärzte an ihrer eigentlichen Aufgabe, der Patientenversorgung.

Um die Situation der niedergelassenen Psychiater, psychosomatisch tätigen Ärzte, Neurologen und Nervenärzte einmal genauer zu beleuchten, hat der Spitzenverband ZNS eine Studie beim Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) unter der Leitung von Justus Haucamp, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, in Auftrag gegeben.

In der Studie werden vor allem die Wettbewerbsvorteile der Krankenhäuser kritisiert: „Heute substituieren die Angebote der an Überschusserzielung orientierten Krankenhausunternehmen häufig die Angebote niedergelassener Vertragsärzte in derselben Region", heißt es in der Studie. Die Krankenhäuser träten „auf einer großen Vielzahl an Wegen" in der ambulanten Versorgung psychisch und neurologischer kranker Patienten in Konkurrenz mit den Vertragsärzten. In erster Linie über psychiatrische Institutsambulanzen (PiA) und Hochschulambulanzen, den Betrieb von medizinischen Versorgungszentren, mit der Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung sowie auch mit der Stationsäquivalenten psychiatrischen Behandlung.

Krankenhäuser haben Kapazitäten deutlich stärker ausgebaut

Die Krankenhäuser hätten ihre Kapazitäten beziehungsweise ihr Fallzahlaufkommen bei Patienten mit Erkrankungen des ZNS in den letzten zehn Jahren deutlich stärker ausgebaut als die niedergelassenen Vertragsärzte. „In den ZNS-Fachbereichen finden die Krankenhausunternehmen eine nach patientenwerten attraktive Versorgungs­klientel", heißt es in der Studie. Mithilfe von Quersubventionierungen könnten die Krankenhäuser Mittel in die Bereiche investieren, die – wie die ambulante Versorgung – wettbewerblich hart umkämpft seien.

Um der Vormacht der Krankhäuser entgegenzusteuern und die Bedingungen für die niedergelassenen Ärzte zu verbessern, empfehlen die Autoren der Studie folgende Maßnahmen:

  • mehr Transparenz über das Angebot der Krankhausunternehmen

  • mehr Arztsitze für ZNS-Fächer in der Bedarfsplanung

  • Soll/Ist-Abgleich der ambulanten und stationären Bedarfsplanung

  • eine gesonderte Vergütung der Koordinationsleistungen in psychosozialen Netzwerken

  • eine weitere Ausdeckelung und extrabudgetäre Finanzierung der Sprechleistungen analog zur extrabudgetären Finanzierungen psychotherapeutischer Leistungen

  • konsequenter Ausbau von ambulanten Behandlungskapazitäten in weniger gut versorgten Bereichen

  • Schaffung gestufter Angebote, die interdisziplinär, sektorenübergreifend und aus Sicht derPatienten niederschwellig sind. Die Koordination sollte dabei durch einen Bezugsarzt erfolgen.

PB

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