Medizin

Verdacht auf Thrombose: Wenn keine Zeit bleibt, Blut abzunehmen

  • Freitag, 14. Oktober 2016

Berlin - Vor allem Hausärzte müssen Patienten mit venöser Thromboembolie erkennen und in vielen Fällen schnell reagieren. Denn drei von vier Betroffenen werden nicht vom Facharzt, sondern von ihrem Hausarzt versorgt. Anlässlich des Weltthrombosetages am 13. Oktober stellte das Aktionsbündnis Thrombose daher erneut die Leitlinien in den Fokus. Im Dialog mit Vertretern der Gesellschaft für Angiologie, für Gefäßmedizin, für Phlebologie, dem Aktionsbündnis Patientensicherheit und dem Deutschen Hausärzte­verband verständigten sie sich auf eine bessere Implementierung der Leitlinien in die Praxis.

Je jünger und gesünder der Thrombosepatient, desto häufiger werden thrombo­embolische Ereignisse fehldiagnostiziert, heißt es in der gemeinsamen Erklärung des Aktionsbündnis Thrombose. Aktuelle Schätzungen gehen von 40.000 bis zu 100.000 Todesfällen jährlich allein in der deutschen Bevölkerung aus. Damit die Inhalte der im Herbst 2015 publizierten interdisziplinären S2-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie sowohl bei Hausärzten wie auch Patienten ankommen, waren sich die Experten am Ende der Veranstaltung vor allem bei folgenden Vorschlägen einig:

  • Sowohl eine Patientenleitlinie als auch eine Pocket Guideline sollen formuliert werden.

  • Ein regionales Netzwerk hilft bei der Diagnose. Beispielsweise könne ein versierter Ultraschaller niedergelassenen Kollege bei unklarer Diagnose unterstützen.

  • Basismaßnahmen müssen den Patienten besser übermittelt werden. Dazu zählt zum Beispiel: frühe Mobilisation, mehr Bewegung, ausreichend Trinken

Wolfgang Meunier, Facharzt für Allgemeinmedizin und ehemaliger Schatzmeister des Deutschen Hausärzteverbandes machte auf die Problematik des multimorbiden Patienten aufmerksam. „Diese Patienten können wir nicht nach allen Leitlinien der teilweise bis zu sieben Krankheiten behandeln. Hier muss man auch mal eine der empfohlenen Maßnahmen weglassen.“ Zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin arbeite man daher an einer Leitlinie für Multimorbidität, die voraussichtlich in 1,5 Jahren erscheinen werde.

Häufig bestünde bei Hausärzten zudem Unklarheit darüber, wie lang die Behandlung andauern müsse. Laut der aktuellen Leitlinie seien drei bis sechs Monate Therapie Standard, erklärte Robert Klamroth, Chefarzt am Vivantes Klinikum in Berlin-Friedrichshain. „Über die Dauer der Antikoagulation nach einer Thromboembolie soll nach den neuen Leitlinien erstmals der Patient mitbestimmen“, ergänzte Bettina Kemkes-Matthes, Präsidentin der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostase­forschung.

In der täglichen Hausarztpraxis müsse man manchmal schnell handeln, sagte Meunier. „Für eine Diagnose Blut abzunehmen und die Ergebnisse abzuwarten ist zeitlich nicht immer möglich.“ Die Diagnose sollte aber einige Parameter nicht aussparen: „Bei einer hohen klinischen Wahrscheinlichkeit für ein tiefe Venenthrombose oder Lungen­arterienembolie sollte der Arzt in jedem Fall eine bildgebende Diagnostik durchführen“, erläuterte Klamroth.

Dabei diene neben der klinische Erfahrung am besten der Wells-Score, der Symptome und anamnestische Parameter abfragt. „Ist zeitnah keine bildgebende Diagnostik verfügbar, sollte so lange mit einem Antikoagulans behandelt werden, bis mittels Bildgebung der Verdacht bestätigt oder ausgeschlossen ist.“ Ist die klinische Wahrscheinlichkeit einer Thrombose gering, kann der Arzt den Test auf D-Dimere auslassen. Eine Bildgebung zur Bestätigung der Diagnose sei hingegen immer erforderlich.

gie

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