Vermischtes

Verfahren um Blutdrucksenker Valsartan soll ruhen

  • Donnerstag, 17. März 2022
/bacsica, stock.adobe.com
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München – In einem Prozess um Blutdrucksenker mit dem Wirkstoff Valsartan vor dem Oberlandesge­richt (OLG) München haben die Streitparteien heute beschlossen, das Verfahren vorerst ruhen zu lassen. Sie wollen versuchen, sich außergerichtlich zu einigen. Sollte das nicht gelingen, kann das Verfahren wieder aufgenommen werden.

Hintergrund ist, dass 2018 bekannt worden war, dass viele Mittel gegen Bluthochdruck, die auf dem Wirkstoff Valsartan basieren, mit dem potenziell krebserregenden Stoff N-Nitrosodimethylamin (NDMA) verunreinigt waren. Einige Chargen wurden zurückgerufen. Der Ausgangswirkstoff für die damals vom Markt genommenen Arzneimittel kam von einem chinesischen Produ­zenten.

Rund vier Jahre danach sollte dieser Fall von heute an die Justiz beschäftigen: Ein Mann klagte vor dem Oberlandesgericht (OLG) München gegen ein Pharmaunternehmen, das den Wirkstoff Valsartan in den Jahren 2012 bis 2018 von eben jener chinesischen Firma bezogen hatte.

Der Kläger hatte das Mittel gegen Bluthochdruck eingenommen, später wurde ein Tumor bei ihm diag­nostiziert. Er geht davon aus, dass das Medikament diesen Tumor verursacht hat, und klagt auf Auskunft und Schmerzensgeld (Az. 1 U 8137/21).

Das Landgericht München I hatte seiner Forderung nach Auskunft im vergangenen Jahr stattgegeben – allerdings nur zum Teil (23 O 8725/20 vom 19.10.2021). Er und auch das beklagte Pharmaunternehmen legten Berufung gegen das Urteil ein, darum kommt es nun zur Verhandlung in der nächsten Instanz.

Eine Untersuchung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Zusammen­ar­beit mit dem wissenschaftlichen Institut der AOK war im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis gekommen, dass es wegen des verunreinigten Wirkstoffs kein insgesamt erhöhtes Krebsrisiko gebe. Weder für eine dreijährige Langzeitanwendung noch in Abhängigkeit der Dosierung sei ein erhöhtes Risiko für Krebs insgesamt festgestellt worden.

Bei der Analyse speziell von Leberkrebs nach Verschreibung von dem verunreinigten Valsartan ergab die Studie jedoch ein statistisch signifikantes, wenngleich auch gering erhöhtes Risiko. Eine direkte Kau­salität lasse sich daraus jedoch nicht ableiten und solle weiter erforscht werden, schrieb das BfArM.

Leberkrebs sei die wahrscheinlichste Krebsart nach der Aufnahme von NDMA. Besondere Faktoren wie Rauchen, Ernährungsgewohnheiten oder genetische Prädisposition seien jedoch nicht in die Studie eingeflossen.

Für die Untersuchung hatten die Wissenschaftler Daten von 780.871 AOK-Versicherten ausgewertet, die Anfang 2012 mindestens 40 Jahre alt waren und zwischen 2012 und 2017 mindestens ein Rezept für ein Arzneimittel mit Valsartan eingelöst hatten.

Einige der Mittel waren mit NDMA verunreinigt gewesen, andere nicht. Mittel- und langfristige Krebsrisi­ken konnten laut BfArM aufgrund des begrenzten Beobachtungszeitraums noch nicht untersucht werden.

Der Valsartan-Skandal hat die Kontrollmechanismen für Arzneimittel verschärft, wie das BfArM mitteilte: „Die Herstellungsprozesse wurden umfänglich untersucht“, betonte das Institut.

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) legte in Folge des Skandals neue Grenzwerte fest. Die phar­mazeutischen Unternehmer müssen nach BfArM-Angaben seitdem gezielt alle möglichen Maßnahmen in ihren Herstellungsprozessen ergreifen, um Verunreinigungen zu vermeiden.

dpa

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