Vergleich geschlossen: Helios zahlt hohe Entschädigung an gekündigte Ärztin

Hamburg – Der Prozess zwischen der Ärztin Franziska Schlosser und der Hamburger ENDO-Klinik ist vor dem Arbeitsgericht Hamburg mit einem Vergleich zu Ende gegangen. Beide Seiten einigten sich heute auf eine Entschädigung in Höhe von 400.000 Euro, die das Helios-Klinikum an Schlosser zahlen muss. Zugleich wurden die bisher erhobenen Vorwürfe der Helios-Geschäftsführung zurückgenommen.
Beim Gütetermin am 12. Juli des vergangenen Jahres war es noch zu keiner Einigung zwischen den beiden Parteien gekommen. Der vom Gericht ursprünglich angesetzte Kammertermin am 21. November 2023 war verschoben worden.
Die Frage, warum das Klinikum erst Anschuldigungen erhoben hat, die jetzt wieder zurückgenommen wurden – und die Frage, warum Helios das Vertrauensverhältnis als so zerrüttet ansieht, dass eine Wiedereinstellung unmöglich ist, ließ Helios heute unbeantwortet.
„Wir haben uns mit der Klägerin auf einen gerichtlichen Vergleich geeinigt und das Verfahren damit zu einem einvernehmlichen Abschluss gebracht“, hieß es von Helios heute lediglich dazu.
Das Gericht habe auf eine Lösung des Konflikts zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mithilfe eines außergerichtlichen Mediationsverfahren eingewirkt, sagte Katharina von der Heyde, Geschäftsführerin des MB Hamburg. „Dazu war Helios nicht bereit. Dafür müssen sie nun entsprechend tief in die Tasche greifen.“
Schlosser war von ihrem Arbeitgeber vorgeworfen worden, am Ende eines 24-Stunden-Bereitschaftsdienstes einen Arbeitszeitbetrug im Umfang von 28 Minuten begangen zu haben. Ihr war daraufhin am 8. Juni des vergangenen Jahres fristlos gekündigt worden. Schlosser bestritt dies von Anfang an und reichte dagegen umgehend Kündigungsschutzklage ein.
Der Marburger Bund Hamburg vermutet, dass Schlossers Kündigung im Zusammenhang mit ihrem gewerkschaftlichen Engagement stand: Die Ärztin war Mitglied der Verhandlungskommission des Marburger Bundes (MB) zum TV-Ärzte Helios und organisierte als Streikleiterin maßgeblich den Ärztestreik im März 2023 wie auch schon im Jahr 2021.
Vor Tausenden Ärztinnen und Ärzten kritisierte sie bei einer öffentlichen Kundgebung in Hamburg die Arbeitsbedingungen bei Helios und war unter anderem Protagonistin einer TV-Reportage zum Warnstreik. Auch im Jahr 2021 habe Helios in zeitlichem Zusammenhang mit der Tarifauseinandersetzung Schlosser erfolglos einen Arbeitszeitbetrug vorgeworfen, betonte der MB heute.
Schlosser betonte vor der Presse, sie finde es gut, dass Helios die Vorwürfe zurückgenommen habe. Mit dem Vergleich sei sie „durchaus zufrieden“. Für Pedram Emami, 1. Vorsitzender des Marburger Bund Hamburg und zugleich Präsident der Ärztekammer Hamburg, ist klar, dass Helios die Ärztin loswerden wollte.
„Helios hat mit der Kündigung von Franziska Schlosser meiner Meinung nach versucht, eine unbequeme und gewerkschaftlich engagierte Mitarbeiterin einfach so loszuwerden. Damit sind sie nicht durchgekommen“, sagte er.
Im Kammertermin sei deutlich geworden, dass Schlosser sich nichts habe zuschulden kommen lassen und ihr völlig zu Unrecht fristlos gekündigt worden sei. „Wir werden als Gewerkschaft weiterhin genau beobachten, wie Helios mit seinen Mitarbeitenden umgeht und uns für ihre Rechte einsetzen – wenn nötig vor Gericht“, so Emami.
Er erhofft sich von dem Ausgang eine Signalwirkung. „Wer sich in einer Gewerkschaft engagiert und sich für die Belange des Kollegiums stark macht, nimmt ein Grundrecht wahr und darf nicht abgestraft werden“, hatte er im Rahmen der laufenden Prozesse bereits gesagt.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: