Vertragsärzte bei digitalen Gesundheitsanwendungen noch zurückhaltend

Berlin – Da die digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) einen „komplett neuen“ Leistungsbereich darstellen, müssten noch Erfahrungen gesammelt und das Vertrauen der Vertragsärzteschaft ausgebaut werden. So kommentierte Julius Lehmann, Leiter Abteilung Veranlasste Leistungen bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), heute die nun zwei Monate währende Startphase der DiGA-Verordnungen.
Neben einigen noch zu lösenden bürokratischen Hürden gebe es vor allem weitergehende Informationsbedarfe der Niedergelassenen, betonte Lehmann im Rahmen einer virtuellen Veranstaltung von Krankenkassen und Herstellerverbänden. Dies betreffe neben den Aspekten von Datenschutz und Datensicherheit vor allem auch die Evidenz zum jeweiligen Nutzen der digitalen Anwendungen.
Bei beiden Punkten sehe die KBV noch Optimierungsbedarfe – insbesondere solle der festgestellte Nutzen der DiGA übersichtlich und einfach auffindbar dargestellt werden. Aktuell stelle sich der hohe Rechercheaufwand für die Ärzte als Hemmnis dar. Zudem müsse das Thema der ärztlichen Vergütung im Zusammenhang mit der nötigen Einarbeitung und Patientenberatung adäquat geregelt werden, so die Forderung.
Gregor Drogies, Referatsleiter bei der DAK-Gesundheit für Versorgungsforschung und Innovation, betonte in diesem Zusammenhang, die ärztliche Verschreibung von DiGA sei „der beste und sicherste Weg“ zur Inanspruchnahme der Versicherten. Alternativ zur Verordnung durch den Arzt haben die Versicherten auch die Möglichkeit, einen Antrag auf Kostenübernahme für eine bestimmte App direkt bei ihrer Krankenkasse zu stellen. Dazu müssen sie eine entsprechende Indikation nachweisen, die beispielsweise aus den ihnen vorliegenden Behandlungsunterlagen hervorgeht.
Eine Umfrage, die der Digitalverband Bitkom zusammen mit dem Hartmannbund im November 2020 durchgeführt hat, zeigt ebenfalls, dass unter den Ärzten in Deutschland noch ein großer Informationsbedarf besteht. Jeder zehnte Mediziner (zehn Prozent) weiß laut Befragung nicht, was eine DiGA überhaupt ist.
„Wir müssen die Ärzte noch besser über die Möglichkeiten digitaler Gesundheitsanwendungen informieren“, sagte Klaus Reinhardt, Bundesvorsitzender des Hartmannbundes. „Wichtig ist aber auch, dass die digitalen Gesundheitsanwendungen dem Patienten helfen und für die Ärzte Diagnose und Therapie wirklich vereinfachen. Nur dann werden sie auch in der Breite ankommen und ihren vollen Nutzen entfalten.“
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: