Ärzteschaft

Vertragsärzte kritisieren Regresse für Impfdosen in Brandenburg

  • Dienstag, 8. Juli 2025
/picture alliance, dpa, Felix Kästle
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Potsdam – Brandenburgs Vertragsärzte kritisieren Regressforderungen der Krankenkassen für zu viel georderten Impfstoff.

„Ich muss schon im Frühjahr die Impfdosen für die Influenzaimpfungen im Herbst bestellen“, sagte die Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB), Carmen Steiniger, heute bei einem „Runden Tisch Impfen“ im Haus der Brandenburger Ärzteschaft in Potsdam.

Zu diesem Zeitpunkt könne sie aber noch nicht ahnen, wie viele Patienten sich im Herbst tatsächlich impfen lassen wollten. Wenn Impfstoff nicht verimpft werde, drohten Regresse der Krankenkassen. „Dafür müssen wir eine Lösung finden“, sagte Steiniger.

Sie sprach sich zudem für eine schnellere Digitalisierung des Impfausweises aus. Das sei aus ihrer Sicht noch wichtiger als digitale Arztbriefe oder Medikationspläne.

Hintergrund des „Runden Tischs Impfen“ waren rückläufige Impfquoten in Brandenburg. In der abgelaufenen Grippesaison waren nur rund 52,2 Prozent der über 60-Jährigen im Land gegen Grippe geimpft.

Damit liegt das Land zwar bundesweit auf Platz drei hinter Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. In der Grippesaison 2020/2021 lag die Impfquote nach Angaben des Potsdamer Gesundheitsministeriums aber noch bei 65 Prozent.

„Die sinkende Impfbereitschaft ist ein Problem“, sagte Brandenburgs Gesundheitsministerin Britta Müller (parteilos, für BSW). „Die öffentliche Debatte um Impfstoffe und ihre Nebenwirkungen, insbesondere im Zuge der COVID-19-Impfkampagnen, hat in Teilen der Bevölkerung Verunsicherung hinterlassen.“

Jahrelang gewachsenes Vertrauen sei auf eine harte Probe gestellt worden. „Wir brauchen einen offenen, ehrlichen und dialogorientierten Umgang mit dem Thema Impfen“, sagte Müller. „Wir müssen aufklären, ohne zu belehren, wir müssen informieren, ohne zu verharmlosen.“ Und man müsse zuhören, wenn Menschen Sorgen äußerten – „und diese ernst nehmen“.

Die Potsdamer Amtsärztin Katharina Böhm sprach sich dafür aus, an Brandenburger Schulen ein Unterrichtsfach „Gesundheit und Lebenskompetenz“ zu verankern. Dort sollten Kinder und Jugendliche sowohl Informationen über Impfungen als auch über Erste Hilfe oder zum Beispiel Sexualaufklärung erhalten.

„Bei Schulabgängern werden die Impflücken größer“, sagte Böhm. „Das Bewusstsein und das Wissen ist nicht da.“ Die Menschen vergäßen, sich impfen zu lassen.

Das Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Vereinigung, Stefan Roßbach-Kurschat, sprach sich dafür aus, dass die Krankenkassen die Versicherten seriell anschreiben und auf Impfungen aufmerksam machen. „Wenn die Kassen die Versicherten seriell anschreiben, kommen sie auch in die Praxen.“

Die Landesgeschäftsführerin der Barmer in Brandenburg, Gabriela Leyh, hob hingegen die Bedeutung einer Impfwerbung durch Ärzte hervor: „Je nachdem, wie Ärzte dafür werben oder nicht dafür werben, fällt auch das Ergebnis aus“, sagte Leyh. „Schon Plakate im Wartezimmer helfen weiter.“

benl

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