Verurteilung einer nicht als Ärztin approbierten „Anästhesistin“ teilweise aufgehoben

Karlsruhe – Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein Urteil des Landgerichts Kassel gegen eine Angeklagte, die keine approbierte Ärztin ist und trotzdem in einem Krankenhaus als Ärztin tätig war, wegen sachlich-rechtlicher Fehler teilweise aufgehoben (2 StR 468/22).
Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte sich die heute 53-jährige im Krankenhaus unter Vorlage einer gefälschten Approbationsurkunde und eines unrichtigen Lebenslaufs beworben. In diesem Lebenslauf hatte sie wahrheitswidrig angegeben, erfolgreich Medizin studiert zu haben.
In der Folge arbeitete die Angeklagte zunächst in der Inneren Abteilung, bevor sie zwischen März 2016 und November 2017 in die Anästhesie wechselte. Dort war sie bei Operationen in einer Vielzahl von Fällen als Narkoseärztin eingesetzt. Die dabei von ihr begangenen Fehler sind Grundlage der ihr angelasteten Körperverletzungs- und Tötungsdelikte.
Das Landgericht hatte die Angeklagte wegen Mordes in Tateinheit mit unerlaubtem Verabreichen von Betäubungsmitteln in drei Fällen, versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und unerlaubtem Verabreichen von Betäubungsmitteln in zehn Fällen, gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit unerlaubtem Verabreichen von Betäubungsmitteln in drei Fällen, Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung und Missbrauch von Berufsbezeichnungen in zwei Fällen sowie wegen Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen in vier Fällen zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt (6 Ks 1622 Js 24089/19). Außerdem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen.
Dieses Urteil hielt der nun erfolgten revisionrechtlichen Überprüfung nur teilweise stand. Der BGH hat den Schuldspruch aufgehoben, soweit die Angeklagte in drei Fällen wegen Mordes und in dreizehn Fällen wegen versuchten Mordes verurteilt worden ist.
Das Landgericht habe zwar zutreffend erkannt, dass die gegebene objektive Gefährlichkeit der Tathandlung wesentlicher Indikator sowohl für das Wissens- als auch für das Willenselement des bedingten Tötungsvorsatzes ist.
Es habe aber „weder in allen Fällen eine tatzeitbezogene Prüfung des Tötungsvorsatzes durchgeführt noch vorsatzkritische Umstände, die sich aus dem Verhalten der Angeklagten bei den durchgeführten Operationen und ihrer Persönlichkeitsstruktur ergaben, hinreichend in den Blick genommen“.
Die Aufhebung der Einzelstrafen in dreizehn Fällen entziehe sowohl dem Gesamtstrafenausspruch als auch der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld die Grundlage. Der BGH hat die Sache nun zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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