Vermischtes

Viele Mädchen in Deutschland von Genital­ver­stümmelungen betroffen

  • Freitag, 7. Januar 2011
genitalverstuemmelung-beschneidung-senegal_dpa
/dpa

Düsseldorf – Genitalverstümmelungen bei Mädchen und Frauen sind in Deutschland offenbar weiter verbreitet als in der Öffentlichkeit bekannt. Nach Hochrechnungen der Frauen­rechts­organisation terre des femmes müsse davon ausgegangen werden, dass allein im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen mehr als 5.600 Mädchen und Frauen von Genitalbeschneidungen betroffen oder bedroht seien, sagte Landesgesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) heute in Düsseldorf.

Meist würden Mädchen im Alter zwischen vier und zwölf Jahren zur Beschneidung nach Afrika gebracht, in anderen Fällen würden Beschneiderinnen nach Deutschland eingeflogen, sagte die Betreiberin der landesweit einzigen Beratungsstelle zu Genitalverstümmelungen, Jawahir Cumar.

Oft werden für Beschneidungen hygienische oder kulturelle Gründe angeführt. Die Eingriffe sind mit starken Schmerzen verbunden und können zu schweren körperlichen und psychischen Schäden führen. „Was hier mit Kindern in einem Alter geschieht, in dem sie eigentlich beschützt werden müssen, ist skandalös“, sagte Steffens.

Mit der heute freigeschalteten anonymen Telefonhotline soll eine neue Beratungsmöglichkeit angeboten werden. Zielgruppen seien sowohl Betroffene selbst als auch deren Angehörige, Erzieher, Lehrer oder Ärzte, sagte Steffens. Betrieben wird die Hotline vom Verein „Aktion weißes Friedensband“.

Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass im Jahr 2008 weltweit zwischen 100 und 140 Millionen Frauen und Mädchen an den Genitalien beschnitten waren. Auch in Europa sind Schätzungen zufolge Hunderttausende Frauen betroffen. Verbreitet ist die Praxis vor allem in Afrika, wo in einzelnen Ländern bis zu 99 Prozent der weiblichen Bevölkerung beschnitten werden. Alle zwei Sekunden würde auf der Welt ein Mädchen beschnitten, sagte Cumar.  

In Deutschland ist die Beschneidung verboten. Strafverfahren gebe es aber nicht, weil die meist Minderjährigen ihre Eltern nicht anzeigten und sich Betroffene oft auch nicht darüber im Klaren seien, dass Genitalverstümmelungen etwas Unnormales seien.

dapd

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