Viele Schüler stufen eigene Lebensqualität als gering ein

Stuttgart – 27 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland bewerten die eigene Lebensqualität als niedrig. Dies ist eines der Ergebnisse des aktuellen Deutschen Schulbarometers der Robert-Bosch-Stiftung, das in Stuttgart vorgestellt wurde.
Weitere 21 Prozent gaben bei der Befragung an, psychisch belastet zu sein. Unter den Kindern, die in einkommensschwachen Familien leben, sagten dies sogar 33 Prozent. 20 Prozent der Befragten klagten laut Bosch-Stiftung zudem über geringes schulisches Wohlbefinden. Bei den Kindern aus Familien mit niedrigem Einkommen lag dieser Wert sogar bei 30 Prozent.
„Es muss uns alarmieren, wenn ein Viertel der Schülerinnen und Schüler die Schule als druckvoll erlebt, die eigene Lebensqualität niedrig bewertet und angibt, unterschiedlichen existenziellen Ängsten ausgesetzt zu sein“, erklärte die Leiterin des Bildungsbereichs bei der Stiftung, Dagmar Wolf.
Zwar habe sich die Lebensqualität seit der Coronapandemie wieder deutlich verbessert, liege aber immer noch deutlich unter dem vorpandemischen Niveau, erklärte Wolf.
Zentral für das schulische Wohlbefinden sind der Analyse zufolge die konstruktive Unterstützung durch Lehrkräfte und eine gute Klassenführung. Allerdings gebe es hier noch „Luft nach oben“, befand die Bosch-Stiftung.
83 Prozent der Kinder und Jugendlichen berichteten demnach von häufigen Unterrichtsstörungen. 41 Prozent gaben bei der Befragung an, dass die Mehrheit der Lehrkräfte nicht nachfrage, was die Schüler schon verstanden hätten und was nicht.
28 Prozent erhalten keinerlei Rückmeldung, was sie besser machen könnten. 35 Prozent gaben zudem an, nur selten die Möglichkeit zu haben, Probleme im Klassenverbund mit der Lehrkraft zu besprechen.
Schülerinnen und Schüler bräuchten kontinuierliche und regelmäßige Rückmeldungen, erklärte Wolf. „Für eine individuelle Förderkultur braucht es ein neues Unterrichtsverständnis, das den Lernprozess in den Mittelpunkt stellt – dazu sind neben datengestützter Diagnostik auch alternative Prüfungsformate und -zeiten notwendig, um die individuelle Lernentwicklung als neuen Standard zu etablieren.“
Die Ergebnisse machten deutlich, dass die existierenden Hilfsangebote innerhalb und außerhalb der Schule längst nicht alle Heranwachsenden erreichten, die Hilfe benötigten“, sagte Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK).
„Deshalb müssen insbesondere für psychisch belastete Kinder und Jugendliche, die von ihren Eltern bei der Suche nach Hilfe nicht unterstützt werden können, dringend aufsuchende psychotherapeutische Präventions- und Behandlungsangebote in der Schule geschaffen werden.“
Der Forschungsbericht zeigt aus Sicht des BPtK zudem auf, dass Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten die wichtigste außerschulische Anlaufstelle für Eltern von Kindern mit psychischen Problemen sind.
Viele dieser Eltern (43 Prozent) gaben demnach zudem an, dort auch Hilfe erhalten zu haben. Allerdings berichteten die Eltern von durchschnittlich 18 Wochen Wartezeit bis zum Beginn einer regelmäßigen Psychotherapie.
„Diese Wartezeiten sind in Anbetracht der individuellen Belastungen und des Risikos chronischer Krankheitsverläufe deutlich zu lang“, kritisiert BPtK-Vorstand Cornelia Metge. Diese Engpässe müssten umgehend mithilfe einer eigenen Bedarfsplanung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie Ermächtigungen für die psychotherapeutische Versorgung von schwer erkrankten Kindern und Jugendlichen beseitigt werden.
Mit dem Schulbarometer lässt die Robert-Bosch-Stiftung seit 2019 regelmäßig Umfragen zur aktuellen Situation der Schulen in Deutschland erheben. Seit 2024 werden neben Lehrkräften auch Schüler sowie deren Eltern befragt.
Für die aktuelle Untersuchung befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa im April und Mai 2024 1.530 Kinder und Jugendliche zwischen acht und 17 Jahren sowie jeweils ein Elternteil.
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