Virtuelles Krankenhaus: Nordrhein-Westfalen will fachärztliche Expertise digital bündeln
Düsseldorf – Nordrhein-Westfalen (NRW) will die Möglichkeiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen intensiver nutzen. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat dazu heute gemeinsam mit den ersten Mitgliedern eines Gründungsausschusses seine Pläne zur Errichtung eines „Virtuellen Krankenhauses“ vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine digitale Plattform, die künftig die fachärztliche Expertise landesweit bündeln und besser zugänglich machen soll.
„Trotz zahlreicher Maßnahmen und hoher Investitionen ist es bisher nicht ausreichend gelungen, ein landesweites, engmaschiges und digital unterstütztes Versorgungsnetzwerk aufzubauen“, sagte Laumann. Zwar habe es viele Einzelprojekten gegeben – diese wurden aber nach einer bestimmten Laufzeit beendet.
Das Virtuelle Krankenhaus soll nach den Plänen Laumanns dagegen Teil der Regelversorgung werden und wie die anderen Leistungen des Gesundheitssystems von den Krankenkassen finanziert werden. „In der Vergangenheit sind zudem die Angebote der einzelnen Träger gescheitert, weil sie nicht kompatibel waren. Auch damit muss Schluss sein“, erklärte der Minister.
Das Virtuelle Krankenhaus soll Kooperationen mit verschiedenen medizinischen Spitzenzentren eingehen. Fehle in einem Krankenhaus oder in einer Arztpraxis eine spezielle Expertise, könnten die Ärzte dort das entsprechende Zentrum über ein zentrales Verzeichnis per Mausklick kontaktieren. „Dadurch können die Therapien zum Beispiel von seltenen Erkrankungen deutlich verbessert werden. Gleiches gilt für die Erfassung medizinisch relevanter Patientendaten, die digital umgehend an den betreuenden Arzt gesendet und überwacht werden können“, so Laumann.
Pilotphase im nächsten Jahr
Die Pilotphase des Virtuellen Krankenhauses soll im Frühjahr 2020 starten. Für die erste Aufbauphase stehen als Anschubfinanzierung bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung.
Die Krankenhausgesellschaft NRW begrüßte die Initiative. „Die Pläne zielen in die richtige Richtung und sind ein wichtiger Baustein einer flächendeckenden Digitalisierung und Vernetzung der nordrhein-westfälischen Krankenhäuser“, erklärte dessen Geschäftsführer Matthias Blum. Gleichzeitig bekräftigte er seine Forderung nach einem „Digitalpakt Krankenhaus“.
Bund und Land sollten angelehnt an das gleichnamige Milliardenprogramm für die Schulen auch Fördermittel für die Digitalisierung der Krankenhäuser zur Verfügung stellen. „Für NRW bedeutet dies ein Sonderinvestitionsprogramm in Höhe von jährlich 250 Millionen Euro über acht Jahre“, so Blum. Nötig sei außerdem ein Digitalisierungszuschlag in Höhe von zwei Prozent auf jede von den Krankenkassen zu begleichende Krankenhausabrechnung. „Hierfür sollte sich die Landesregierung mittels einer Bundesratsinitiative einsetzen, um die Krankenhäuser in NRW für die Digitalisierung gut aufzustellen“, so der Geschäftsführer.
Das Virtuelle Krankenhaus werde sich daran messen lassen müssen, ob es konkrete Versorgungsverbesserungen für die Patienten bringe, sagte Dirk Ruiss, Leiter des Verbandes der Ersatzkassen NRW (vdek). Aus seiner Sicht sollte die Initiative in eine „grundlegende Neuausrichtung der Krankenhausplanung in NRW mit dem Ziel der Qualitätssteigerung“ eingebettet sein. „Dies wird unter anderem erreicht durch mehr Spezialisierung und Konzentration, sowie einen Abbau von Überkapazitäten. Es wird darauf ankommen, das eine zu tun und das andere nicht zu lassen“, so Ruiss.
Hugo Van Aken, Vorstandsvorsitzender und ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Münster, zeigte sich überzeugt, dass das Virtuelle Krankenhaus zu einer weiteren Verbesserung der Versorgung der Patienten, nicht zuletzt im ländlich geprägten Münsterland, beitragen werde.
Thomas Ittel, Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums der RWTH Aachen, sagte: „Damit geht die Landesregierung einen mutigen und konsequenten Schritt, um die digitale Transformation des Gesundheitswesens in unserem Bundesland voranzutreiben.“ Das Virtuelle Krankenhaus könne über die Grenzen von NRW hinaus Vorbildcharakter haben, betonte Jochen Werner, ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Essen.
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