Viszeralmedizin: Fachgesellschaften begrüßen Zentralisierung

Hamburg – In Deutschland sollte es mehr spezialisierte Zentren für komplexe operative Leistungen und gleichzeitig mehr ambulante Eingriffe auch ohne Krankenhausaufenthalt geben. Dafür haben gestern zwei Fachgesellschaften auf dem Kongress Viszeralmedizin 2022 plädiert.
Thomas Frieling, Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), wies dabei auf die Pläne der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen (NRW) hin. Diese will mit einem „Krankenhausplan Nordrhein-Westfalen 2022“, dass sich alle Krankenhäuser auf bestimmte Leistungsbereiche konzentrieren und somit spezialisieren.
Frieling bezeichnete die Pläne gestern bei einer Pressekonferenz zum Kongress als sinnvoll. Die geplanten Spezialisierungen kann nach Einschätzung der Fachgesellschaft dazu beitragen, dass sich die Patientenversorgung verbessert, indem mehr Mindestmengen bei bestimmten komplexen Eingriffen erreicht werden.
Die Mindestmengenregelung sorge für eine geringere Letalität von Patientinnen und Patienten, so Jens Werner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie. „Die Letalität für Bauchspeicheldrüseneingriffe ist bei über zwölf Prozent bundesweit, obwohl sie bei zwei bis vier Prozent sein müsste“.
Allerdings führe die Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft auch dazu, dass es Gewinner und Verlierer sowohl bei den Krankenhäusern als auch bei den ambulanten Versorgern geben würde, sagte Frieling. „Die Aufgabe als Fachgesellschaft ist auch Sorge zu tragen, dass Kollegen und Kolleginnen weiter in die Versorgung der Viszeralmedizin eingebunden werden.“
Es erwachse eine Verpflichtung, durch Zuweisung und Stärkung ambulanter und statonärer Bereiche und Strukturen „tragfähige Kompensationsmöglichkeiten zu schaffen“. Bei der Entwicklung dieser „qualitativ hochwertigen, flächendeckenden Versorgung chirurgischer Leistungen in Deutschland sollten die Fachgesellschaften eine entscheidende Rolle spielen“, hieß es.
Zudem plädieren die Fachgesellschaften dafür, dass mehr Leistungen ambulant erbracht werden können. Aktuell würden einige Leistungen, die ambulant durchführbar wären, nur stationär erbracht, da sie ambulant nicht ausreichend vergütet würden, erklärten sie.
Strukturelle und personelle Voraussetzungen schaffen
„Viele vormals offen chirurgische Eingriffe können heute minimalinvasiv durchgeführt werden“, sagte Ulrike Denzer, Vorsitzende der Sektion Endoskopie der DGVS. Es brauche allerdings zwei Dinge um komplexe endoskopische Eingriffe ambulant durchführen zu können.
Dies sei zum einen die notwendige Strukturvoraussetzung, wie eine apparative Ausstattung und eine notfallmäßige 24/7-Erreichbarkeit eines Teams aus Gastroenterologen, Radiologen, Viszeralchirurgen.
„Zum anderen brauchen wir für diese komplexen Endoskopien – ob wir die ambulant durchführen oder auch stationär – entsprechende fachliche Expertise des Untersucherteams.“ Auch wenn es bisher keine Mindestmengenregelung für Endoskopien gäbe, sei ein gutes Ergebnis nur zu erzielen, wenn die Eingriffe in einer gewissen Häufigkeit erfolgten.
Eine gute Ausbildung junger Medizinerinnen und Mediziner sei daher auch in diesem Bereich besonders wichtig. Um Nachwuchs zu fördern, sollten zudem hierarchische Strukturen abgeschafft sowie die Möglichkeit von Teilzeitstellen oder Auszeiten geschaffen werden, ergänzte Frieling.
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