Krankenhausreform in NRW wird konkret

Düsseldorf – Die 337 Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen (NRW) müssen sich künftig auf bestimmte Leistungen konzentrieren und sollen nicht mehr alles anbieten. Für die tiefgreifende Reform der Krankenhauslandschaft in NRW steht jetzt der konkrete Zeitplan fest. Das Umsetzungsverfahren wurde heute im Landesausschuss für Krankenhausplanung vorgestellt.
Die Krankenhäuser erhalten demnach am 1. September 2022 umfangreiche Informationen und Unterlagen für das Verfahren, damit sie sich sorgfältig vorbereiten können. Am 17. Oktober 2022 werden die Bezirksregierungen die nordrhein-westfälischen Krankenhäuser zu Verhandlungen mit den Krankenkassen über regionale Planungskonzepte auffordern.
Ab diesem Zeitpunkt können die Krankenhäuser die dafür nötigen Unterlagen digital in einer eigens dafür bereitgestellten Datenaustausch- und Analyseplattform einstellen. Die Verhandlungen zwischen den Krankenhäusern und den Krankenkassen starten dann ab dem 17. November 2022.
Danach prüfen die Bezirksregierungen und abschließend das Gesundheitsministerium die regionalen Planungskonzepte. Dafür werden auch Verbände, Kommunen und Gewerkschaften angehört. Am Ende entscheidet das Gesundheitsministerium über den Versorgungsauftrag der einzelnen Krankenhäuser.
Künftig ist dem neuen Krankenhausplan zufolge nicht mehr die Bettenzahl das zentrale Planungsinstrument. Die Krankenhäuser in NRW sollen sich vielmehr auf bestimmte Leistungen spezialisieren – etwa auf Hüft- oder Knieprothesen bis hin zur Bauchspeicheldrüsenoperation oder Geburtshilfe.
Grundsatz ist aber, dass ein Krankenhaus mit internistischer und chirurgischer Versorgung für 90 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 20 Autominuten erreichbar sein muss. Intensivmedizin muss flächendeckend vorgehalten werden. NRW ist das erste Bundesland mit einem solchen Modell.
Zur Ermittlung des stationären Bedarfs wird die jährliche Fallzahl je medizinischer Leistung, etwa bei Hüft- und Knie-Prothesen, Organtransplantationen oder Geburtshilfe herangezogen. Das Krankenhaus muss vorgegebene Qualitätskriterien in der gewünschten Leistungsgruppe erfüllen. Ein Feststellungsbescheid legt zuletzt fest, welche Leistungen das Krankenhaus vor Ort erbringen soll und in welchem Umfang.
Mit der Umsetzung der neuen Krankenhausplanung würden die stationäre Versorgung gestärkt –und zugleich die Qualität gesichert, sagte Laumann. Wenn ein Krankenhaus eine Leistung anbiete, könnten die Bürger sicher sein, dass das Krankenhaus ausreichend Erfahrung in diesem Bereich habe.
„Wir müssen in den konkreten Planungsgesprächen vertretbare regionale Lösungen für die Krankenhäuser finden“, erklärte Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW). Die neue Krankenhausplanung für NRW könne aber nur gelingen, wenn das Land für die Veränderungsprozesse ausreichende Finanzmittel bereitstelle. „Unsere Forderung bleibt, dafür einen mit mindestens zwei Milliarden Euro ausgestatteten Krankenhausstrukturfonds für die kommenden fünf Jahre bereitzustellen.“
Für Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein, ist wichtig, „dass sich die stärkere Spezialisierung einzelner Kliniken nicht negativ auf die Weiterbildung des ärztlichen Nachwuchses auswirkt“. Damit die jungen Kollegen auch in Zukunft umfassend und in der ganzen Breite ihres Faches weitergebildet werden könnten, müssten verbindlich und trägerübergreifend Weiterbildungsverbünde zwischen Kliniken der Spezial- und der Regelversorgung geschaffen werden.
„DRG-System und fehlende Detailplanungen haben benachbarte, konkurrierende Krankenhäuser oft genug in ein Wettrüsten getrieben“, sagte Johannes Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe. An dessen Stelle müssen regionale oder wohnortnahe Versorgungskonzepte treten, damit knappe Ressourcen wie Personal und Investitionsmittel für die Patienten eingesetzt werden könnten. „Keine Konkurrenz, sondern Kooperation“, sagte er.
„Mit der jetzt anstehenden Umsetzung zur neuen Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen wird die dringend erforderliche Kehrtwende eingeleitet“, sagte Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest. Durch Spezialisierung und Leistungskonzentration werde die Behandlungsqualität gestärkt und der Ressourceneinsatz optimiert.
„Mit der Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen haben wir ein hervorragendes Instrumentarium entwickelt, das wir nun umsetzen, um so die Qualität der Versorgung weiter zu verbessern“, betonte Matthias Mohrmann, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg. Dadurch änderten sich Versorgungsschwerpunkte und Rollen vieler Kliniken. „Eine flächendeckende Versorgung bleibt aber – gerade in ländlichen Regionen – ein unverrückbarer Eckpfeiler“, so Mohrmann.
„Die neue Krankenhausplanung bietet die Chance, dass sich über eine Konzentration der Leistungsangebote das knappe Fachpersonal besser auf die benötigten Krankenhausstandorte verteilt als bisher“, sagte Dirk Ruiss, Leiter der vdek Landesvertretung NRW. Damit könne der Fachkräfteknappheit intelligenter begegnet werden als bisher.
Ludger Risse, stellvertretender Vorsitzender des Errichtungsausschuss Pflegekammer NRW, mahnte einen zielgenauen Einsatz der knappen Ressource Pflege an. „Qualifizierte Pflegefachpersonen sind unverzichtbar, um die klinische Versorgung der Patienten mit hochwertigen pflegerischen Leistungen zu gewährleisten“, erklärte er. Das gilt für alle Fachdisziplinen.
Durch die Beteiligung der Pflege an der Krankenhausplanung ergebe sich die Chance, analog zu ärztlichen Qualitätskriterien, mittelfristig auch pflegerische Vorgaben zum Beispiel für fachbezogene Qualifikation der Pflegefachpersonen zu implementieren.
Der neue Krankenhausplan ermöglicht es dem Land künftig, die Krankenhausstrukturen aktiver zu gestalten. Dazu erfolgt eine Planung auf der Basis konkreter Fallzahlen über sogenannte Leistungsbereiche und Leistungsgruppen in Verbindung mit Qualitätsvorgaben.
So lässt sich eine bessere Koordination und Kooperation zwischen den Krankenhäusern mit einer Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung verbinden. Der Krankenhausplan gibt zudem vor, dass ein Krankenhaus mit internistischer und chirurgischer Versorgung für 90 Prozent der Bevölkerung von Nordrhein-Westfalen innerhalb von 20 Autominuten erreichbar sein muss.
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