Medizin

Vitamine und Eisen verkürzen das Leben älterer Frauen

  • Dienstag, 11. Oktober 2011
dpa
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Minneapolis – Erneut kommt eine Studie zu dem Ergebnis, dass die Einnahme von Vita­minen und Spuren­ele­menten Menschen ohne Mangel­zustände mehr schadet als nutzt.

Eine Auswertung der Iowa Women's Health Study zeigt in den Archives of Internal Medicine (2011; 171: 1625-1633) für mehrere Supple­mente sogar einen Anstieg der Sterblichkeit auf.

Einzige Ausnahme war Kalzium, deren Einnahme mit einem vermin­derten Sterberisiko älterer Frauen assoziiert war.

Die Iowa Women's Health Study (IWHS) wurde 1986 begonnen. Die Kohorte umfasst 41.836 postmenopausale Frauen, die zu Beginn der Studie 55 bis 69 Jahre alt waren. Die prospektive Beobachtungsstudie untersucht den Einfluss von Ernährung und Lebensgewohnheiten auf chronische Erkrankungen.

Zum derzeitigen American Way of Life gehört die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, von denen sich die Bevölkerung gesundheitliche Vorteile verspricht. Vor allem ältere Frauen greifen gerne zu den Produkten aus Drogerie oder Supermarktregal.

Zu Beginn der IWHS hatten 66 Prozent der Teilnehmerinnen der Women’s Health Study wenigstens ein Präparat eingenommen, bis 2004 war der Anteil auf 85 Prozent gestiegen. Jede vierte Teilnehmerin nahm vier oder mehr Mittelchen ein, in der Regel ohne dass ein Arzt einen Mangel festgestellt hatte.

Doch das zugrunde liegende Motto „Mehr hilft mehr“ gilt für die lebenswichtigen Amine ebenso wenig wie für die im Körper nur in Spuren enthaltenen Mineralien. Im Gegenteil: Jaakko Mursu von der Universität von Minnesota in Minneapolis ermittelte gleich für mehrere Supplemente ein signifikant erhöhtes Sterberisiko von durchaus relevantem Ausmaß.

Die Einnahme von Multivitaminen erhöhte das Sterberisiko absolut um 2,4 Prozentpunkte. Für Vitamin B6 wurde ein Anstieg um 4,1 Prozentpunkte festgestellt. Bei Folsäure betrug er 5,9 Prozentpunkte, beim Magnesium 3,6 Prozentpunkte und beim Zink 3,0 Prozentpunkte. Für Eisen wurde ein Anstieg um 3,9 Prozentpunkte dokumentiert. Er war dosisabhängig, was eine mögliche Kausalität unterstreicht.

Einen endgültigen Beweis kann eine prospektive Beobachtungsstudie nicht liefern. Der wichtigste und durchaus plausible Einwand lautet, dass die Teilnehmerinnen im Fall einer Krankheit eher zu den Präparaten greifen als bei völliger Gesundheit.

Klarheit können hier nur randomisierte klinische Studien schaffen. Es hat allerdings in den letzten Jahren gleich mehrere derartige Studien gegeben, die ein erhöhtes Sterberisiko zeigten. Dazu gehört die Alpha-Tocopherol, Beta-Carotene Cancer Prevention oder ATBC-Studie, in der Raucher nach der Einnahme von Beta-Carotin häufiger an Lungenkrebs erkrankten.
 

Im Norwegian Vitamin Trial und dem Western Norway B Vitamin Intervention Trial erkrankten Koronarpatienten häufiger an Krebs, wenn sie mit Folsäure oder Vitamin B12 behandelt worden waren. Schließlich ermittelte eine Meta-Analyse randomisierter klinischer Studien ein erhöhtes Sterberisiko für Beta-Carotin, Vitamin A und Vitamin E. Die Liste ließe sich noch fortsetzen. Andererseits gibt es aber auch klinische Studien, die eine protektive Wirkung einzelner Vitamine oder Spurenelemente ermittelten.

Dies war auch in der aktuellen Beobachtungsstudie der Fall. Die Einnahme von Kalzium-Supplementen war mit einer Verminderung des Sterberisikos um 3,8 Prozentpunkte assoziiert. Da es sich bei den Teilnehmerinnen um ältere Frauen handelt, die ein höheres Osteoporoserisiko haben, ist dieses Ergebnis durchaus nachvollziehbar.

Der Editorialist Goran Bjelakovic von der Universität Kopenhagen verweist jedoch auf eine jüngst im Britischen Ärzteblatt publizierte Meta-Analyse, die auf ein erhöhtes Herzinfarktrisiko hingewiesen hatte. Die alleinige und unkritische Kalziumsubstitution steht seither im Verdacht, die Einlagerung von Kalk in den Gefäßwänden und damit die Atherosklerose zu fördern.

Die meisten Experten raten deshalb Kalzium nicht ohne medizinische Indikation einzunehmen und im Bedarfsfall mit Vitamin D zu kombinieren, damit das Mineral seinen Bestimmungsort Knochen auch erreicht.

rme

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