Vermischtes

Vorurteile: Attraktiven Forschern traut man weniger zu

  • Donnerstag, 25. Mai 2017
/Annette Shaff, stock.adobe.com
Je attraktiver ein Forscher erscheint, umso geringer seine Chance, als „guter Forscher“ eingestuft zu werden, der sich durch hochwertige Arbeit auszeichnet. /Annette Shaff, stock.adobe.com

Colchester – Was macht einen Wissenschaftler aus, dem man auf den ersten Blilck eine überzeugende Rede zutraut? Wenn Menschen in den USA und in Großbritannien Forscher bewerten, finden sie attraktive Kandidaten zwar interessanter, weniger attraktiven Forschern trauen sie aber inhaltlich mehr Expertise zu. Die Ergebnisse der Befragung sind in Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen (2017, doi:  10.1073/pnas.1620542114).

Studien konnten bereits zeigen, dass Menschen Politiker nicht nur nach Inhalten bewerten, sondern sich auch durch Aussehen und Physiognomie beeinflussen lassen. Ähnlich verhält es sich, wenn Wissenschaftler in der Öffentlichkeit vor ein Mikrofon treten, um neueste Erkenntnisse über den Klimawandel, Ernährung oder Impfungen zu erläutern.

Drei Forscher von der University of Cambridge und der University of Essex stellten per Zufall jeweils 108 Profilbilder von US-Wissenschaftlern der Genetik- und Physikabtei­lung zusammen sowie weitere 200 Bilder von Forschern aus Großbritannien aus der Abteilung für Physik und noch mal 200 aus der Abteilung für Biologie. Anschließend wurde eine Gruppe von etwa 100 Mitgliedern der University of Essex zu den Gesichtern befragt: Sie sollten einschätzen, für wie intelligent sie eine Person hielten, wie attrak­tiv und wie alt sie die Person auf dem Foto schätzen würden. Zwei weitere Teilnehmer­gruppen sollten angeben, ob sie an der Forschung der abgebildeten Personen interes­siert wären und ob sie demjenigen aufgrund seines Gesichts akkurate und relevante Forschung zutrauen würden.

Je attraktiver ein Kandidat in den Augen der Befragten war, umso geringer war seine Chance, als „guten Forscher“ eingestuft zu werden, der sich durch hochwertige Arbeit auszeichnet. Dennoch waren die Befragten interessierter an den neuesten Forschungs­ergebnissen der attraktiven Kientel. Bessere Chancen, mit seiner Forschung auf öffent­liches Interesse zu stoßen, hatten auch etwas ältere Wissenschaftler und männliche Kollegen. Die Hautfarbe spielte hingegen keine ausschlaggebende Rolle.  

In einer weiteren Runde begutachteten mehr als 1.000 Teilnehmer aus den USA jeweils vier Bilder von Forschern in Kombination mit einer echten Nachrichtenschlagzeile. Sie sollten entscheiden, welche der vier Schlagzeilen sie am liebsten weiterlesen würden. Auch hier entschieden sich die Befragten für die zuvor als interessant und attraktiv bewerteten Wissenschaftler, egal ob Frau oder Mann und unabhängig davon, ob Biolo­gie oder Physik das Thema war. Das Ergebnis war für Text und Video-Formate dasselbe.

Physik schlägt Biologie

Anschließend legten die Studienautoren den US-Teilnehmern je zwei Zeitungsbeiträge vor, der eine angeblich geschrieben von einem „guten Forscher“, der andere von einem, der ein schlechteres Rating in der ersten Runde erhalten hatte, was die Relevanz seiner Tätigkeit im Labor angeht. Den Beiträgen der vermeintlich „guten Forscher“ wurde unab­hängig vom Geschlecht mehr Qualität attestiert, auch wenn der Unterschied nur gering war. Eine höhere fachliche Qualität meinten die Befragten zudem in den Beiträgen von Physikern zu erkennen verglichen mit denen aus der Biologie.

„Anscheinend bewerten die Menschen also auch Wissenschaftsnachrichten anhand des Gesichts des Autors“, schlussfolgert Skylark. Inwieweit dieser Effekt die Verbreitung von Forschungsergebnissen schon jetzt beeinflusst hat, sei noch unklar. Skylark geht aber davon aus, dass der Einfluss immer wichtiger werden könnte aufgrund der zunehmen­den Nutzung visueller Medien.

gie

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