Welttag der Patientensicherheit: Thema im Koalitionsvertrag niederlegen

Berlin – Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) hat eine Aufwertung der Patientensicherheit in Deutschland gefordert. „Patientensicherheit muss wesentliches Entscheidungskriterium in allen Organisationen und Einrichtungen des Gesundheitswesens sein.
Damit das passiert, muss die Politik ein klares Signal setzen und das Primat der Patientensicherheit im kommenden Koalitionsvertrag niederlegen,“ sagte die Vorsitzende des Bündnisses, Ruth Hecker, heute vor Journalisten anlässlich des dritten Welttags der Patientensicherheit am 17. September. Das Ziel müsse es dabei sein, alles dafür zu tun, um vermeidbare unerwünschte Ereignisse zu verhindern.
Der diesjährige Welttag der Patientensicherheit steht unter dem Motto „Safe and Respectful Childbirth“. Vor diesem Hintergrund erklärte Hecker, dass heute in Deutschland dank moderner Medizin, Hygiene und qualifizierten Fachkräften weniger als vier Mütter pro 100.000 Geburten sterben sowie 3,2 Kinder pro 1.000 Geburten. Dennoch bestehe Handlungsbedarf für die Verbesserung der sicheren Versorgung während der Geburt.
Denn Schätzungen der Internationalen Gesellschaft für prä- und perinatale Psychologie und Medizin (ISPPM) zufolge verbinden 20 bis 50 Prozent der Gebärenden mit dem Erlebnis der Geburt ihres Kindes Belastungen, großen Stress oder entwickeln gar ein Geburtstrauma. „Medizinische Eingriffe ohne Erklärung oder die fehlende persönliche empathische Begleitung während der Geburt können Gründe dafür sein“, so Hecker.
Internationale Studien zeigten, dass auch in der Geburtshilfe mehr als zwei Drittel der so genannten unerwünschten Ereignisse, die als vermeidbar eingestuft werden, auf Fehler in der Kommunikation zurückgeführt werden könnten. Insbesondere bei chronisch erkrankten Müttern könne eine unsichere Kommunikation erhebliche Risiken mit sich bringen. Aber auch für gesunde Gebärende sei es wichtig, plötzliche körperliche Veränderungen während der Geburt schnell und klar mitzuteilen und gehört zu werden. Nur dann könne auf auftretende Komplikationen rechtzeitig reagiert werden.
Schwerwiegende Fehler strukturell vermeiden
Reinhard Strametz, Generalsekretär des APS und Professor für Medizin für Ökonomen an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden, wies auf die SEVer-Liste des Aktionsbündnisses Patientensicherheit hin. SEVer stehe dabei für „Schwerwiegende Ereignisse, die wir sicher verhindern wollen“. Diese seien mit „Never Events“ oder „Sentinel Events“ vergleichbar, also patientensicherheitsrelevante Ereignisse, die niemals auftreten sollten oder immer berichtet werden müssten.
Mit dem deutschen Namen wolle das APS den Appell verbinden, dass alle Anstrengungen unternommen werden müssten, um derartige Ereignisse künftig zu verhindern. Auf der Liste ständen 22 Vorkommnisse, von der Verwechselung von Patienten, Eingriffen oder Seiten bis zum vergessenen Operationsbesteck im Operationsgebiet.
„Wenn es zum Auftreten derartiger Vorkommnisse kommt, folgt nach unserer Auffassung daraus immer, dass jeder Fall genau geprüft werden muss, ob die vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen ausreichen“, sagte Strametz. „Jedes einzelne Vorkommnis, jedes SEVer, bedeutet also einen unmittelbaren Handlungsbedarf für die Einrichtung.“
Dabei gehe es nicht darum, einen vermeintlich „Schuldigen“ zu suchen, sondern systemische Patientensicherheitsprobleme zu erkennen und diese ursächlich zu bekämpfen.
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